Polen-Institut vergibt Dedecius-Preise in Darmstadt
Zwischen den Sprachen: Für Übertragungen ins Polnische erhielt Monika Muskala die Auszeichnung. Thomas Weiler wurde für seine Übersetzungen ins Deutsche geehrt.
Von Bettina Bergstedt
Übersetzer sind auch Mitautoren: Weil ihnen dies zwischen Deutsch und Polnisch besonders gut gelingt, erhielten Monika Muskala und Thomas Weiler den Dedecius-Preis. Foto: Andreas Kelm
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DARMSTADT - Sprache und Kultur sind eng miteinander verbunden. Es reicht nicht, eine Sprache und deren Vokabular perfekt zu beherrschen, um eine gute Übersetzung zu schaffen. Vielmehr versuche der Übersetzer, mit feinem Gehör "den Sound des Originals" ins Ohr zu bekommen, um ihn in den eigenen Sprachraum zu transferieren, sagt Thomas Weiler. "Ich schlüpfe zwischen die Worte", so drückt es Monika Muskala bei ihrer Dankesrede aus. Beiden wurde am Freitag in der Stadtkirche der Dedecius-Preis für herausragende Übersetzertätigkeit vom Polen-Institut und der Bosch-Stiftung verliehen.
Im Theater steht die Sprache auf dem Prüfstand
Vor 30 Jahren hat Monika Muskala als freie Übersetzerin debütiert, zunächst mit einem Tatsachenroman. Bald übersetzte sie deutschsprachige Dramen für polnische Bühnen, inzwischen sind es 40 Werke von der Klassik bis zur Gegenwart, von Friedrich Schiller bis Elfriede Jelinek, Thomas Bernhard, Werner Schwab, Peter Turrini, Urs Widmer und Heiner Müller.
Sie werden von den wichtigsten Regisseuren Polens in Szene gesetzt. Eine große Herausforderung, denn gerade im Theater steht Sprache auf einem besonderen Prüfstand, die Übersetzung wird an ihrer Sprechbarkeit gemessen. Diese "härteste Prüfung", befand Muskalas Laudator, Regisseur Krystian Lupa, bestehe die Preisträgerin "virtuos", sie ziehe souverän "stilistische Register", die es ihr erlaubten, selbst "die fäkale Poesie Schwabs, den Atem der sprachlichen Labyrinthe von Bernhard" oder Jelineks Stoffe "zu erforschen".
Für ihre Übersetzungen benötige sie Zeit, so Muskala, für Jelineks "Rechnitz" habe sie sechs Jahre gebraucht - ein Werk voller nicht ausgewiesener literarischer Bezüge und Verweise. Wenn sie sich auf einen Text beim Übersetzen einlasse, erfinde sie das Werk stets auch ein Stück weit neu: "Wir Übersetzer empfinden uns als Mitautoren", sagt Monika Muskala - und zugleich sei sie ganz nah am Werk: "Ich glaube, alles ist im Text."
Ähnlich beschreibt Thomas Weiler den Prozess. Er studierte Übersetzen an der Uni Leipzig, der Humboldt-Universität Berlin und in St. Petersburg. Seit 2007 übersetzt er aus dem Polnischen, Russischen und Weißrussischen. Einer seiner Schwerpunkte: Kinderliteratur. Außerdem widmet sich Weiler der zeitgenössischen polnischen Literatur, übersetzte Ziemowit Szczerek, Maria Janion, Marcin Szczygielski. Und bemüht sich, mit sicherem Gespür für gute Autoren, diese in der deutschen Verlagslandschaft zu etablieren. Er ist bei Literaturfestivals, Buchmessen und Übersetzerforen aktiv und Mentor für den Nachwuchs - eine gute Ergänzung für ein ansonsten "einsames Schreibtischwesen".
Laudatorin und Verlegerin Karina Fenner verweist auf den Menschen Thomas Weiler: Er sei ein kühler Kopf, der genau recherchiere, der voller Fantasie Wortneuschöpfungen kreiere und aus einem großen Reichtum an Geschichten schöpfe.