"Patrick Angus. Private Show" von Herausgeberin Ulrike Groos

In seinem Todesjahr 1992 zeichnete Patrick Angus dieses Selbstporträt. Die Abbildung der Buntstiftzeichnung auf Papier entstammt dem hier vorgestellten Band "Private Show" aus dem Distanz-Verlag. Copyright: Kunstmuseum Stuttgart

Patrick Angus ist mit nur 38 Jahren 1992 an Aids gestorben. Inzwischen wird dieser Maler nicht nur in seiner amerikanischen Heimat entdeckt, sondern auch in Europa; noch bis 8....

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. Patrick Angus ist mit nur 38 Jahren 1992 an Aids gestorben. Inzwischen wird dieser Maler nicht nur in seiner amerikanischen Heimat entdeckt, sondern auch in Europa; noch bis 8. April zeigt das Kunstmuseum Stuttgart eine umfangreiche Retrospektive. Der beispielhafte Katalog mit seinen lesenswerten Beiträgen über den Künstler und sein Werk sowie der repräsentativen Bilderauswahl wird die Ausstellung als erstes Standardwerk zu diesem Künstler überdauern.

Die Stuttgarter Ausstellung ist die erste umfassende Werkschau auf europäischem Boden. Die Bilder des 1953 in North Hollywood geborenen Malers sind bisher nur wenigen bekannt. Das mag auch an seinem bevorzugten Sujet gelegen haben. Seine Gemälde und Zeichnungen umfassen das traditionelle Repertoire von Porträts, Landschaften und Stadtansichten; vor allem aber gilt Angus als Chronist der homosexuellen Szene im Manhattan der achtziger Jahre.

"Dabei ging es ihm jedoch weniger um ein politisches Statement, als vielmehr um die Wiedergabe menschlicher Grundbedürfnisse, Sehnsüchte und Ängste", erläutert das Museum seine Ausstellung, "seine Bilder sind Metaphern für die Suche nach der eigenen Identität und damit auch der geschlechtlichen Selbstfindung."

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Die Entdeckung gilt aber auch seinem charakteristischen, ebenso zarten wie realistisch-offenen, von David Hockney wie von Picasso inspiriertem Stil. Der späte Erfolg ist ein Signal für die gesellschaftliche Entwicklung, die sich Angus' Arbeiten spiegelt; ihm geht es bei seiner Kunst erkennbar auch darum, von Bild zu Bild einen weiteren Schritt in Richtung einer homosexuellen Selbstfindung zu gehen - und diesen zugleich gegenüber der Öffentlichkeit zu demonstrieren. Hockney, großes Vorbild des Malers, wurde auf Patrick Angus aufmerksam und kaufte kurz vor dessen Tod noch sechs Arbeiten.

Wer den Katalog zur Hand nimmt, erkennt schon am Cover-Bild, dass Patrick Angus vor allem seine eigene wie die Homosexualität seiner Objekte beschäftigt. Insbesondere seine Bilder aus den achtziger Jahren bieten Einsichten in die zu dieser Zeit noch als "schwule Subkultur" bezeichnete Szene, also in das Leben und Treiben in Bars und Clubs und anderen einschlägigen Treffpunkten rund um die New Yorker Christopher Street. Seit dem Aufstand gegen Polizeiwillkür 1969 entwickelte sich vor allem in Amerika und Europa eine starke Emanzipationsbewegung, doch wurden deren Erfolge durch die von Aids verursachte Krise wieder infrage gestellt.

So kann man die neue Popularität von Patrick Angus auch als Statement deuten gegen Bestrebungen, Minderheiten wieder in den gesellschaftlichen Untergrund zu drängen. In Stuttgart haben Museumsleiterin Ulrike Groos und Kuratorin Anne Vieth mit den äußerst wirkungsvoll zusammengestellten Bildern von Patrick Angus' "Private Show" ein ästhetisches Zeichen gegen solche Bestrebungen gesetzt - und das Publikum belohnt sie mit einem unerwarteten, sensationell kräftigen Zulauf.