Der schottische Schriftsteller setzt sich in „What light there is“ mit Krankheit und Tod auseinander – und feiert dennoch die Schönheit des Moments.
. Seitdem wir ständig die Bilder von Menschen gezeigt bekommen, deren Ende naht, ist uns das Sterben vertrauter geworden. Der schottische Schriftsteller John Burnside (65) war immer schon nahe dran an dem Thema – und deshalb weiß er das Leben so zu schätzen. Dieses schmale Buch ist eine Ode an das menschliche Dasein. „Was für ein Licht gibt es“, fragt sich der Autor unentwegt. In einer Mischung aus Essay, „meine kleine Meditation“, Analyse, Erzählung, Verzweiflung und einer Hoffnung sinnt er dem Licht intensiv nach. Es ist eine große Hoffnung, nämlich die ein gutes Leben zu erlangen.
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Burnside führt sich als Beispiel ein für das, was alle Menschen so oder ähnlich empfinden, Millionen tun das an jedem Tag irgendwo auf der Welt. Sie suchen das Licht. Hier geht es ums Nachdenken über das Altern – das mit etwa 25 Jahren unwiderruflich beginnt –, mit der Vergänglichkeit des Menschen und der Natur, dem Sterben und dem Tod. Da schreibt einer, der viel erlebt hat in seiner Lebenszeit, viel Tragisches auch, und der trotzdem „die Schönheit des Moments“ genießen kann. Das ist ein trostreiches und damit großartiges Buch. Darin gibt einer die Essenz seines Daseins preis. Ein gutes Winterbuch, vor allem an nasskalten Tagen. Es wärmt das Herz.
Burnside ist gern in dieser Welt, aber lieber unter blühenden Apfelbäumen, Kiefern und am Zaun der Pferde auf der Weide. Er verfolgt die Honigbienen mit seinen Blicken, wie auch die Graugänse, die durch den Himmel „rudern“, wie er schreibt. Die Natur in ihren Veränderungen ist die Echokammer des Autors. Was er seinen Lesern aber auch beibringen möchte: Das Leben kann man ganz anders sehen. Man sollte seine oft verkümmerten Fähigkeiten, vor allem die Empfindung, aktivieren.
Wo es ums Licht geht, dass der Autor seinen Lesern als Suche weitergeben will, wird auch Burnsides eigenes Werk lesbar. In dem kleinen Fischerdorf Firth of Forth, in dem er einige Zeit gewohnt hat, fiel ihm die Zudringlichkeit des Christentums mit seiner schweren moralbestückten Last auf. Die Ziegelmauern der Räucherkammern und die Ställe überziehen die Menschen dort mit Teer, weil ihnen das in der Sonne glänzende Ziegelrot zu sinnlich erscheint. Es hadert mit den Vertretern des Katholizismus, die Regeln mögen, aber keine Neugier. Wo doch die Neugier zu den besten Erfahrungen führt. Wo der Himmel eines monotheistischen Gottes über eine Gemeinschaft und deren Zukunft verwaltet, widerspricht er ihm.
Burnside kommt aus einer Arbeiterfamilie, er kennt das sture Malochen, das mitunter verflucht wird, damit man durchhält. Er hat früh schon versucht, da rauszukommen. „Das Kino, meine einzige Kirche, war auch meine Schule“, schreibt er. Dort hat er mehr gelernt, erlebt und genossen als bei den Frömmlern. Osteuropäisches Kino am liebsten, übrigens. „Ich durfte meinen Blick auf dem Gesicht eines anderen Menschen ruhen lassen, der zugleich eine reale Person und eine Illusion war.“ Schließlich geht es um den Abschied, eine seiner wichtigsten Reflexionen. Wenn wir sterben, erklärt er, wissen wir nicht, in was wir hineinsterben. Burnside begrübelt den Tod anstatt ihn hinauszuschieben. Er, der oft von Krankheiten geplagt war, erkennt: „Was Außenstehende sehen, was im Bericht des Arztes steht, ist das eine, was aber in Kopf und Seele des Menschen geschieht, ist etwas, worüber wir nichts wissen.“
Der Schriftsteller empfiehlt, bei einem Unwetter eine Kanne grünen Tee zu kochen und tapfer in den Regen zu schauen, von dem man weiß, dass ihm Sonnenschein folgt, irgendwann. Dann der Satz: „Ins Licht oder die Dunkelheit aber geht jeder von uns allein.“