Auf ein Wort: Kitsch

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Kitsch: Kaum ein Begriff macht augenfälliger, wie sich die Werte mit der Zeit wandeln. Ende des 19. Jahrhunderts erst tauchte das Wort in Künstlerkreisen auf. Es sollte die...

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. Kitsch: Kaum ein Begriff macht augenfälliger, wie sich die Werte mit der Zeit wandeln. Ende des 19. Jahrhunderts erst tauchte das Wort in Künstlerkreisen auf. Es sollte die schlechte von der guten Kunst trennen und ließ sich als elitärer Kampfbegriff ebensogut gegen konkurrierende Künstler der vorhergehenden Generation anwenden wie gegen den spießbürgerlichen (schlechten) Geschmack.

Und schon bald bemühten sich Kultur- und Gesellschaftskritiker darum, ein Verzeichnis des Kitsches zu entwerfen - zumindest in groben Zügen. Das schlecht gemachte, ein Öl-Original vorspiegelnde Bild vom "röhrenden Hirsch" gilt noch heute als typisches Beispiel für den Kitsch. Auch national oder religiös daherkommende Bierkrüge und Madonnenbildchen sind leicht der Kategorie Kitsch einzufügen.

Kitsch

Je länger die Debatte andauerte, desto mehr Gegenstände und Zeugnisse der Alltagskultur sammelten sich an, die nach dem Willen der jeweiligen Kritiker als Zeichen des schlechten Geschmacks gewertet werden konnten. Schließlich lief jeder Kulturgegenstand Gefahr, als Kitsch zu gelten, wenn er nicht mindestens neu, einzigartig und nur einmal vorhanden war. Bedeutende Denker ihrer Zeit sahen die Kunst schon dadurch entwertet, dass Werke mit der entsprechenden Technik originalgetreu kopiert werden können.

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Im Gegensatz dazu drehte sich die Kulturszene immer öfter um Gegenstände, die allein deshalb zur Kunst wurden, weil sie von einem Künstler zur Kunst erklärt und in einem Museum ausgestellt wurden. Das hinderte den Kitsch nicht daran, herstellungstechnisch besser und beliebter zu werden denn je. Inzwischen ist allerdings auch die noch im 20. Jahrhundert recht fest gefügte Rangfolge von hoher und niedriger Kultur ausrangiert worden. Denn die Merkmale für künstlerische Qualität lassen sich nicht mit einer Checkliste erfassen.

Deshalb hat der Kitsch als Kampfbegriff heute ausgedient, teils ist er gar in die Konzepte der zeitgenössischen Kunst als ironisches Zitat und sogar als eigentlicher Kitsch eingekehrt.

Ein Gutes hat die Entwicklung allerdings: Wer heute etwas als Kitsch abwertet, der muss genau erklären, warum es denn keine Kunst sei.

Und wo kommt das Wort Kitsch eigentlich her? Ganz sicher sind die Experten nicht. Der Duden leitet es von einer Grundbedeutung "schmieren" ab, andere wollen wissen, es komme vom "verkitschen" im Sinne von "etwas Minderwertiges unter der Hand billig verkaufen". Unter anderem hieß es auch, Kitsch komme vom englischen "sketch" und habe ursprünglich eine schnell hingeworfene und billig zu erstehende Zeichnung gemeint. Das dürfte allerdings Unsinn sein, denn oftmals sind ja gerade diese Werke authentisch und originell, also alles andere als Kitsch.