„ComPartir“: Darmstädter Liedermacherin julakim stellt neue CD vor
Von Johannes Breckner
Leiter Kulturredaktion Darmstadt
Schiefer für die schönen Augenblicke: julakim mit dem „Moment Sharer“, einem Objekt zu ihrer neuen CD. Foto: Dagmar Mendel
( Foto: Dagmar Mendel)
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DARMSTADT - Eigentlich ist julakim Liedermacherin. Aber auch im Entwerfen von Gedankengebäuden ist sie große Klasse. Man muss nur einmal auf ihrer Homepage das Video anschauen, in dem sie das „bLuz Shirt“ erklärt, das sie für ein brasilianisches Modelabel entworfen hat. Das ist ein T-Shirt, das wie früher die Schallplatte eine A- und eine B-Seite hat. Die A-Seite trägt man nach außen, aber das Shirt ist auch innen bedruckt. Diese B-Seite soll den Rücken des Trägers stärken für eine unabhängige Lebensweise. Der Name des Leibchens hat verschiedene Bedeutungen. „Luz“ steckt drin, was Licht bedeutet oder auch Erleuchtung. Man kann das Wort auch lesen wie Blues und an die traurigen Momente im Leben denken. Oder „be loose“ sagen, so wie die Surfer an der südbrasilianischen Küste, wenn sie sich ein „locker bleiben“ zurufen.
Diesen Wunsch hat julakim beherzt. Hinter all ihren Liedern stecken Gedanken und Geschichten. Aber der Hörer darf locker bleiben. Man muss doch nicht alles verstehen, sondern darf sich forttragen lassen von den Tönen und hin und wieder an einer Textzeile hängenbleiben. Das T-Shirt gehört zu den Gegenständen, die julakim zu ihren CDs entwirft mit dem Wunsch, einen dinglichen Bezug zu den schönen Augenblicken zu schenken. Schön findet sie offene Strukturen und große Vielfalt, ganz wie in ihren Liedtexten, die gerne rätselhaft und mehrdeutig schillern, noch dazu in fünf Sprachen, deutsch und englisch, spanisch, italienisch und portugiesisch. Es geht der Sängerin gar nicht darum, Botschafen zu versenden. Zwar ist alles, was sie tut, ziemlich genau ausgetüftelt. Aber das soll kein Korsett sein fürs Denken oder Empfinden, sondern möglichst viele Menschen erreichen.
Das gilt auch für ihre musikalischen Stile. julakims Lieder klingen immer wieder anders, mal rhythmisch vertrackt, mal mitreißend, mal sind sie von Fado-Melancholie durchzogen, mal drängen sie rockig vorwärts. Was sie verbindet, ist am ehesten die eigenwillige Artikulation der Worte und Modulation der Stimme. Manchmal klingt es, als würde julakim ihre Texte regelrecht kauen, manchmal schwingen sich elastische Linien in geschmeidiger Spannung über die Gitarrenakkorde. Und was die Stücke zusätzlich verbindet, ist die staunenswerte Energie, die sie vermitteln. Wie schafft man das? julakim zuckt mit den Schultern. Klar, die Erfahrung bei Live-Auftritten hilft. Vor allem dann, wenn man solo auf der Bühne steht. „Die ersten vier, fünf Lieder musst du strahlen“, sagt die Sängerin. Dann baut sich die Kommunikation mit dem Publikum auf.
CD-VORSTELLUNG
Am Freitag, 27. Oktober, stellt julakim ihre neue CD „ComPartir“ im Darmstädter TiP (Theater im Pädagog, Pädagogstraße 5) vor. Das Konzert beginnt um 20 Uhr. (job)
Vor fast vier Jahren hat diese musikalische Entdeckungsreise begonnen. Damals hatte Jula-Kim Sieber, Architektin mit eigenem Büro, keine Lust auf einen Winter mit Baustellen, und ein wichtiges Projekt verzögerte sich. Sie ging mit der Gitarre nach Südamerika, sang ein paar Konzerte, bekam einen Radioauftritt, wurde zu Festivals eingeladen, sang beim Goethe-Institut. Heute ist sie in Brasilien wahrscheinlich bekannter als in Darmstadt.
Manche Künstler finden ihren Stil, den sie dann entwickeln und verfeinern. julakim ist anders, sie probiert immer etwas Neues. Mit ihrer dritten CD „ComPartir“ hat ihre Trilogie einen angemessen bunten Schlussstein gefunden. Die erste („Itufi“) war die poetischste, die zweite („Zurückhaltung“) klang kantiger, was auch an den ausschließlich deutschen Texten lag. Auf der dritten gibt es Stücke, die man gerne richtig laut aufdreht. „Jetzt kann ich sagen: Das ist mein Potpourri“, sagt die Sängerin.
Klar, dass auch der Titel wieder zu verschiedenen Lesarten einlädt. „Compartir“ heißt, miteinander zu teilen. Aber auch „partir“ steckt darin, das Trennen und Abschiednehmen. Design-Objekte hat julakim als Bausteine des CD-Gesamtkunstwerks ebenfalls entworfen, eine schöne Schieferplatte, deren dreieckige Form das ausgelassene A des Wortes aufgreift, ein Küchentuch mit gesticktem Schriftzug, der auf das A mit einem Neonfaden aufmerksam macht, wie auf dem Cover, wo es ein Glühdraht ist.
Gut ausgedacht, aber kein bisschen verkopft: So wird julakim auch mit diesem Album ihre Zuhörer mitnehmen wie an vielen unterschiedlichen Orten. Auf brasilianischen Festivals und auf dem Darmstädter Schlossgrabenfest hatte sie jeweils ein Riesenpublikum. Und selbst in der Goldenen Krone gingen die Besucher auf Zehenspitzen, um den Zauber der Ballade „Itufi“ nicht zu stören.