Vor dem Gruseln kommt die Kunst: Kulturfestival auf der Burg Frankenstein
Von Johannes Breckner
Leiter Kulturredaktion Darmstadt
Neue Konzepte in alten Mauern: Ralph Eberhardt plant ein Kulturfestival auf Burg Frankenstein, mit vier Veranstaltungen im September will er Erfahrungen sammeln. Foto: Dirk Zengel
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MÜHLTAL - Auf der Burg Frankenstein kennt Ralph Eberhardt wahrscheinlich jeden Winkel. Immerhin hat er eine bemerkenswerte Karriere hinter sich. 1994 stieß er zum Team des "Halloween"-Spektakels hinzu, arbeitete sich hoch vom Security-Mann über den Werwolf zum Gehenkten. Inzwischen ist er Geschäftsführer und Burgpächter, und er weiß: Der professionelle Grusel ist seit vierzig Jahren eine Erfolgsgeschichte, das soll auch so bleiben. Aber er braucht auch ein Gegengewicht. "Die Menschen verbinden den Frankenstein mit Halloween. Aber nicht mit dem großartigen Panorama", sagt er. Das ist an nebligen Novemberabenden ja auch nicht gut zu erkennen.
Doch das Jahr hat zwölf Monate, und seit Eberhardt verantwortlich auf der Burg agiert, hat sich eine Menge verändert. Das gastronomische Angebot wurde aufgefrischt, Veranstaltungen kamen hinzu, Outdoor-Yoga oder der "Sundowner" nach der Arbeit: Der neue Chef experimentiert und schaut, was geht. Und weil er über Halloween auch ins Veranstaltungsmanagement geraten ist, dort Erfahrung und Kontakte gesammelt hat, probiert er es jetzt mit der Etablierung eines Kulturfestivals.
So richtig soll es erst 2019 losgehen, vier lange Wochenenden mit jeweils vier Veranstaltungstagen hat Eberhardt im Sinn, wenn die endgültige Ausbaustufe erreicht ist. Aber der Mann ist auch Realist. "Mal schauen, wie es funktioniert", sagt er, und das soll das zweite September-Wochenende zeigen. Mit einem Programm, das sehr unterschiedliche Interessen bedient. Im Umgang mit Besuchermassen ist man auf dem Frankenstein ja erfahren, an Halloween-Abenden sind rund 3000 Menschen auf der Burg. Die Kultur genießt dagegen einen regelrecht intimen Rahmen - bis zu 850 Besucher erwartet Eberhardt zu seinen Festival-Abenden, je nach Veranstaltung werden es auch viel weniger sein. "Groß können wir", sagt Eberhardt. Warum soll es dann nicht auch mit mittelgroßen oder kleineren Veranstaltungen klappen, die einen Hauch von Exklusivität mitbringen?
DAS PROGRAMM
Donnerstag, 6. September, 20 Uhr: "Shaqua Spirit and Friends" mit Frank Bülow und Michi Bock.
Freitag, 7. September: Frankenstein Best of Poetry Slam, präsentiert von Tilman Döring. Den Musikpart übernimmt Max Madjé, zweifacher Gewinner des hessischen Song-Slam.
Samstag, 8. September, 20 Uhr: "Barclay James Harvest feat. Les Holroyd".
Sonntag, 9. September, 18.30 Uhr: "Frankenstein All Stars" feat. Tony Lakatos von der HR-Bigband.
Bei der Programmgestaltung ist Benjamin Metz behilflich, erfahren unter anderem von früheren Ausgaben des Schlossgrabenfestes. Für den Samstag ist es Eberhardt gelungen, die britische Kultband "Barclay James Harvest" auf die Burg zu lotsen, die in der Formation mit ihrem Gründungsmitglied Les Holroyd auftritt. Am Tag zuvor gibt es das, was mittlerweile zur sicheren Bank im Unterhaltungsgeschäft geworden ist: Poetry Slam, organisiert und moderiert von Tilman Döring, einem Meister dieser Disziplin, der ein "Best of" mit den Champions früherer Wettbewerbe arrangieren wird.
Zum Auftakt macht die erfolgreiche Darmstädter Partyband "Shaqua Spirit" Stimmung, verstärkt unter anderem durch Michi Bock von "Boppin' B.". Der späte Sonntagnachmittag gehört dem gepflegten Jazz. Saxofonist Hans Gantner tritt auf mit einem Ensemble, das kurzerhand "Frankenstein All Stars" getauft wurde und in dem neben Gantner der starke Pianist David Margaryan, die Sängerin Juliana da Silva und Star-Saxofonist Tony Lakatos den Ton angeben.
Die Vielseitigkeit ist jedenfalls Programm. Für künftige Ausgaben seines Festivals kann Eber-hardt sich alles vorstellen - Amateur- und Profikünstler, lokale Stars und internationale Größen, auch Lesungen, Comedy, Musical oder Kino. Eberhardt kennt die meisten Akteure der südhessischen Szene und ist für Ideen offen, "wer sich hier austoben will, kann das tun", sagt er heiter.
Nicht Konkurrenz, sondern Ergänzung zu anderen Formaten hat er im Sinn. Und natürlich die Burg, deren Image vom Kulturangebot profitieren soll. Vielleicht auch ganz handfest, denn die Aktivitäten könnten ja auch das Land Hessen als Eigentümer ermuntern, sich noch intensiver um diese besondere Immobilie zu kümmern.