Krimi mit klassischen Tugenden: „Tatort: Zwei Leben“ aus Luzern überzeugt durch seine Figurenpsychologie
Von Johanna Dupré
Redaktionsleiterin Kultur Mainz
Corinna Haas (Fabienne Hadorn) untersucht den Tatort eines vermeintlichen Suizids. Foto: ARD
( Foto: ARD)
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MAINZ/WIESBADEN/DARMSTADT - „Zwei Leben“ – der Titel des neuen Falls der Luzerner Ermittler ist perfekt gewählt. Viel ließe sich an dieser Stelle darüber sagen – aber das würde ebenso viel über die Handlung des Schweizer „Tatorts“ verraten. Und soll daher lieber unterbleiben. Die gute Nachricht dabei: Es gäbe über diesen Fernsehkrimi etwas zu verraten. Soll heißen, er hält sich an die klassischen Tugenden des Genres: Er entwirft ein Verbrechen, bei dem verschiedene Personen als Täter infrage kommen; legt gekonnt falsche Fährten; gibt dem Zuschauer bis zum Schluss die Möglichkeit, mitzuraten und löst das Rätsel schließlich auf nachvollziehbare Art. Längst nicht allen „Tatorten“ gelingt das. Dass am Ende vielleicht einmal zu oft Kommissar Zufall für den Fortgang der Handlung sorgen musste – sei’s drum.
Aber zurück zum Titel: Eine seiner Bedeutungen lässt sich problemlos verraten: Es geht um Suizid. Und darum, dass ihm nie nur ein Leben alleine zum Opfer fällt – weil auch anderen Leid entsteht, wenn ein Mensch sich das Leben nimmt. „Zwei Leben“ lenkt den Blick dabei auf Beni Gisler – einen Fernbusfahrer, der traumatisiert wird, als ein Unbekannter ihm direkt vor den Bus springt. Anhalten unmöglich. So wie damals schon bei einem anderen Mann und später der jungen, 23-jährigen Frau, die einfach auf den Gleisen stand. Danach gab Gisler seinen Beruf als Zugfahrer auf – doch sein Trauma hat ihn nun eingeholt. Die Psychografie dieser Figur (nuanciert gespielt von Michael Neuenschwandner) zeichnet „Zwei Leben“ gekonnt, Kamera und Sounddesign lassen den Zuschauer seine Beklemmung aus der Innenperspektive erfahren. Ebenfalls beeindruckend ist Stephanie Japp als Notfallpsychologin Sonja Roth.
Es sind vor allem die glaubhaften Figurenpsychologien, durch die „Zwei Leben“ überzeugt. Demgegenüber verläuft die Ermittlungsarbeit der Kommissare Reto Flückinger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) etwas zu höhepunktlos. Auch wenn ihr minutiös-methodisches Vorarbeiten seinen Reiz hat – manchmal erinnert es doch zu sehr an eine Fahrt mit dem Bummelzug der Schweizerischen Bundesbahnen.