DARMSTADT - Lila Kühe schocken schon längst keinen mehr. Und auch wenn an diesem Freitag und Samstag eine Herde von sechzig intensiv blauen Schafen auf dem Georg-Büchner-Platz vor Darmstadts Staatstheater weidet, muss der Tierschutz nicht aktiv werden. Auch dort wurden nicht etwa Lebewesen eingefärbt: Alles ist nur Polyester in Vervielfachung der immer gleichen Form.
Die starke Farbe hat Rainer Bonks "Friedensherde" dabei ihren Namen gegeben. Sie sind die "Blauen Schafe", und der Aktionskünstler aus Rheinberg in Nordrhein-Westfalen sieht sich als ihren "Blauschäfer". Seit 2009 ist Bonk mit seinen sanften Kunststoff-Tieren unterwegs auf einer künstlerischen Missionsreise.
Dabei hat er seine "Friedensschafe" schon für jeweils einen oder zwei Tage auf rund 160 Innenstadt-Wiesen in immer neuen Konstellationen platziert und zum Ausgangspunkt für eine symbolisch-politische Aktion gemacht. Vor allem deutsche Städte werden zum Ort seiner Schaf-Installation. Doch standen auf Bonks Friedens-Agenda auch schon Straßburg, Brüssel, Luxembourg, Stettin, Basel, Innsbruck oder Bozen.
Botschaft europaweit unters Volk bringen
Er will die Botschaft seiner Schafe europaweit unters Volk bringen. "Mir geht es um Toleranz und Miteinander. Ich möchte die Menschen erreichen und meinem Publikum Denkanstöße geben", sagt der Künstler. Die Städte erhalten dabei eine symbolische Mitgliedschaft: Rainer Bonk wird Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch am Freitagnachmittag im Rahmen seiner Aktion nicht nur ein blaues Schaf, sondern auch eine Urkunde übergeben. Darin wird Darmstadt zur "Friedensstadt".
Der Künstler folgt einer Einladung des Marketing-Clubs Südhessen. "Der Club besteht in diesem Jahr seit zehn Jahren. Dies nehmen wir zum Anlass, mit einer besonderen Aktion die Kulturlandschaft unserer Wirtschaftsregion in Südhessen zu bereichern," sagt Peter Lehr, geschäftsführender Vorstand des Clubs. Das mehrtägige Weinfest, das am frühen Abend auf dem benachbarten Alice-Platz eröffnet wird, schien das richtige Datum dafür.
Rainer Bonk hat sein Projekt, das unter der Schirmherrschaft des EU-Parlaments steht, auf dem Lido in Venedig gestartet, und auf dem dortigen Marcus-platz wird es nach seinem Willen auch einmal enden. Dabei sind in die blaue "Friedensherde" unter dem Motto "Alle sind gleich - jeder ist wichtig" gleich mehrere Inspirationen eingeflossen. In der christlichen Tradition ist das Lamm das Zeichen des Lebens und der Unschuld. Wobei dieses biblische Schaf freilich ein weißes Fell hat. Bonk meint jedoch: "Blauer Himmel und blaue Schafe gehören zusammen." Also hat der "Blauschäfer" bei seiner Farbwahl lieber dem Maler Yves Klein die Ehre erwiesen.