Wolfgang Niedecken reist auf der Fährte von Bob Dylan durch die USA
Von Cornelia Wystrichowski
Wolfgang Niedecken besuchte in den USA Wirkungsstätten des Rockstars, Rebellen und Literaturnobelpreisträgers. Foto: Kobalt/Seidenstücker
( Foto: Kobalt/Seidenstücker )
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NEW YORK - Pilgerreise durch Amerika: Bob Dylan, der Rockstar, Weltverbesserer und Literaturnobelpreisträger, wird von seinen Fans verehrt wie ein Messias des Pop. Für den Kulturkanal Arte hat der Kölsch-Rocker Wolfgang Niedecken die USA bereist und sich an Wirkungsstätten Dylans in New York, Washington oder Woodstock mit Weggefährten und Experten getroffen. Doch diese Spurensuche eines großen Dylan-Fans ist mehr als nur Heldenverehrung – die fünfteilige Dokureihe „Bob Dylans Amerika“ des renommierten Musikregisseurs Hannes Rossacher beleuchtet vor allem, wie sich die USA seit den 60er-/70er Jahren verändert haben und was in dem Land, das unter der Präsidentschaft von Donald Trump tief gespalten ist, vom rebellischen Geist übrig geblieben ist.
Dylan-Wallfahrt von New York bis Malibu
„Kein anderer versteht es bis heute so gut, die Sorgen und Hoffnungen der Amerikaner auszudrücken“, sagt Niedecken, der Dylan persönlich kennt und als Leadsänger der Gruppe „BAP“ in den 80er Jahren selber zum Sprachrohr des Lebensgefühls einer Generation wurde. Seine Wallfahrt beginnt in New York, wo Bob Dylan 1961 in einem Club im Stadtteil Greenwich Village seinen ersten großen Auftritt hatte. Den Club gibt es nicht mehr, und auch dieses New York nicht mehr. Niedecken: Die horrenden Mieten haben der Clubkultur den Saft angedreht.
Der 67-jährige Niedecken, der in der Dokureihe stets seine Rockeruniform aus schwarzem Shirt und Jeansjacke trägt, findet trotzdem noch genügend Spuren. So besucht er den pittoresk vollgestopften Instrumentenladen, wo Dylan einst seine Mundharmonikas kaufte, er plaudert mit dem Künstler Red Grooms, von dem sich Dylan inspirieren ließ, und unterhält sich mit einem Soziologieprofessor, der die Unterschiede zwischen damals und heute erklärt: „Man war viel individualistischer und oppositioneller“, heißt es da, eine rebellische Haltung sei in der Zeit der Bürgerrechtsbewegung fast schon die Norm gewesen.
Mit dem Zug reist Niedecken nach Washington, wo Dylan 1963 nach der legendären „I Have a Dream“-Rede des Bürgerrechtlers Martin Luther King vor 250 000 Menschen sang, dazu erklingt sinnigerweise die Dylan-Songzeile „While riding on a train goin‘ west“. Dylan sei so durch und durch Rebell gewesen, dass er irgendwann sogar gegen die Rolle als Protest-Messias rebelliert habe, erklärt Niedecken: Aus dem politischen Folkpoeten, dessen Mikrofonständer nachlässig auf einer alten Badematte stand, wurde ein Rocker mit Elektrogitarre – für diesen vermeintlichen Verrat an der Folkmusik wurde Dylan von seinen Fans teils heftig beschimpft.
Niedecken, der in der Doku auch selber Dylan-Songs singt, reist in den weiteren Folgen nach Woodstock, das legendäre Mekka der Hippie-Bewegung, und nach Minnesota an der Grenze zu Kanada, wo Bob Dylan 1941 zur Welt kam und wo er seine Kindheit verbrachte. Folge vier führt nach New Orleans, und zu guter Letzt geht es in der fünften Episode nach Kalifornien: Dort, in Malibu, hat der 77-jährige Literaturnobelpreisträger ein Haus am Meer.