Tod auf der Off-Shore-Windanlage: Krimiautorin Sabine Weiß stellte ihr neues Buch um Ermittlerin Liv Lammers in der Clemens-Brentano-Europaschule vor.
LOLLAR. "Ich begrüße Sie ganz herzlich auf der MS Lollar zur heutigen Überfahrt an die Nordsee", eröffnete Studienrat Thomas Zwerina den Zuhörern, die zur Lesung in die Mediothek der Clemens-Brentano-Europaschule gekommen waren. Das Ziel dieser Kopfreise: Die "Tödliche See", der neue Kriminalroman von Sabine Weiß, der auf einer Off-Shore-Windanlage vor Sylt und auf der Insel selbst spielt.
Es war ein spannender Trip für die Zuschauer, die nach 90 Minuten wieder in den sicheren Hafen der Mediothek einfuhren und unterwegs auch viel Persönliches von der Autorin selbst erfuhren. Weiß, die sich selbst als "Bücherei-Kind" bezeichnet, weil sie die besondere Atmosphäre liebt, ist eine "Wiederholungstäterin" im positiven Sinne. "Tödliche See" ist bereits ihr fünfter Krimi rund um die Mordkommissarin und Schlagzeugerin Liv Lammers. Zudem spielen alle Romane dieser Reihe auf Sylt. "Mit dieser Insel verbinde ich eine Art Hassliebe," berichtete die sympathische Hamburgerin, die schon als Kind öfters dort zu Besuch war. Über ihre Recherchen versuche sie "immer, eine neue Seite von Sylt zu entdecken". Für "Tödliche See" sprach sie etwa mit der Flensburger Mordkommission, mit Marine- und Off-Shore-Tauchern, oder erhielt Informationen bei der Firma "Nordseetaucher" aus Cuxhaven, die sie mit Ausrüstungsgegenständen vertraut machten. "Ich wäre auch gerne auf so eine Versorgungsplattform im Meer gegangen, allerdings sind diese Anlagen Hochsicherheitsgebiete, in die man nicht so leicht reinkommt", erklärte die Hobbytaucherin.
Bei ihrem neuesten Fall verschlägt es Kommissarin Liv Lammers auf eine Off-Shore-Windanlage etwa 80 Kilometer vor Sylt. Dort ist einer der Arbeiter tot aufgefunden worden und schnell wird klar, dass kein Selbstverschulden oder Unfall die Ursache war. Lammers und ihr Team stoßen auf eine eingeschworene Gemeinschaft von Arbeitern, die nicht viel preisgeben. Bald aber zeigt sich: Hinter den Kulissen brodelt es gewaltig. Bei ihren Ermittlungen stellen die Ermittler fest, dass der Mordfall viel weitreichender ist als zunächst angenommen und auch die Inselbewohner eine gewichtige Rolle spielen.
Weiß wählte diesen Tatort weit draußen im Meer ganz bewusst. Dieses Setting sei unheimlich reizvoll, denn in "Tödliche See" sind alle Verdächtigen an einem abgegrenzten Platz und stehen gleichermaßen unter Verdacht, etwas mit dem Tod des Opfers zu tun zu haben. Die räumliche Enge, die Abgeschiedenheit der Versorgungsplattform und die Tatsache, dass es sich um ein Sperrgebiet handelt, habe sie beim Schreiben inspiriert, berichtete die 53-Jährige. Die exakt beschriebene Szenerie ließ die Zuhörer dabei tief in das Geschehen eintauchen. Temporeich und dynamisch erzählte Weiß von der gefährlichen Bergung der Leiche oder der intensiven Befragung der Verdächtigen auf hoher See. Dabei verließ sich die studierte Germanistin und Historikerin nicht nur auf ihre Stimme, sondern warf mithilfe eines Beamers Nordseekulissen an die Leinwand. Es sind Impressionen, Strandszenen, Bilder vom Flensburger Hafen oder einer Kompressionskammer - alles Fotomaterial von ihrem Ehemann, das bei den Arbeiten zu ihrem Buch entstand.
Es gab also nicht nur Futter für die Ohren, sondern auch für die Augen - was die Lesung abwechslungsreich gestaltete. "Ich habe ihm die Bilder abgeluchst, dafür darf er mit mir nach Sylt fahren zum Recherchieren," schmunzelt Weiß, die befand: "Es ist schon seltsam, mit einer Krimiautorin nach Sylt zu reisen. Ich schaue mir oft spezielle und verwunschene Orte an, bei denen ich denke: Hier könnte man jemanden gut verschwinden lassen." Etwa bei der "Mörderkuhle" auf besagter Insel, blutigen Dünen oder abgelegenen Leuchttürmen mit dunkler Vergangenheit - Orte, welche sie für ihre Romanserie nutzt. Als Nächstes widmet sich die Hamburgerin wieder ihrem zweiten Fachgebiet - dem historischen Roman. Aber der nächste Fall von Liv Lammers wird sicher nicht lange auf sich warten lassen.