Neue DVDs dokumentieren wichtige Themenkomplexe unserer Zeit

Wau Holland, Mitbegründer des Chaos Computer Clubs, war ein digitaler Bürgerrechtler der ersten Stunde. Foto: EuroVideo
© EuroVideo

In vier außergewöhnlichen Filmen geht es um Tierwohl, das Internet, Atomkraft und Fehler der Menschheit

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. Der russische Filmemacher Victor Kossakovsky („Aquarela“) wollte schon immer einen Schwarzweiß-Film ohne Off-Kommentar und Musik drehen. Mit „Gunda“ (Filmwelt/EuroVideo, auch VoD), in dem es um den Alltag einer Sau und ihrer Ferkel auf einem naturnahen Bauernhof geht, konnte er seine Idee verwirklichen, weil die Produktionsfirma des bekennenden Veganers Joaquin Phoenix das Projekt unterstützt hat.

Die Kamera begleitet die Schweine-Familie von der Geburt der Ferkel bis zu deren Abtransport. Die Trennung ist ein trauriger Moment, weil man das Muttertier dabei als fühlendes Lebewesen wahrnimmt. Ergreifend sind auch Szenen mit Hühnern aus Käfighaltung, die zum ersten Mal die Natur kennenlernen. Dass der Regisseur alleine die Bilder sprechen lässt, ist nicht nur faszinierend und poetisch, sondern auch ein empathischer Appell, mehr für Tierwohl und Tierrechte zu tun.

„Alles ist eins. Außer der 0.“ (EuroVideo, auch VoD) ist der Titel eines in wildem Punk-Modus montierten Porträts von Klaus Maeck und Tanja Schwerdorf über den Chaos Computer Club (CCC) und dessen Mitbegründer Wau Holland (1951-2001). Mit teils einzigartigem VHS-Originalmaterial aus den Zeiten des Kalten Krieges, exquisitem Soundtrack und Humor erzählt der Film die spannende Geschichte des 1981 entstandenen CCC, der sich dem Motto „Information ist unbegrenzt“ verschrieben hatte und durch spektakuläre Hacks bekannt wurde.

Der digitale Bürgerrechtler Holland war nicht nur ein Computer-Nerd, sondern auch ein Visionär, der sich als Freigeist und Aufklärer verstand. Überwachung und Datenausbeutung sah er als Gefahren der Digitalisierung bereits in den achtziger Jahren voraus. Die Forderung eines Menschenrechts für weltweite ungehinderte Kommunikation als Voraussetzung für Demokratie ist ein Erbe Hollands.

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Mit dem deutschen Ausstieg aus der Atomkraft ist das nukleare Problem nicht gelöst, und die Atomenergie ist auch keine „grüne“ Antwort auf die aktuelle weltpolitische Lage. Diese Erkenntnis vermittelt „Atomkraft forever“ (EuroVideo, auch VoD) von Carsten Rau mit sechs verwobenen Episoden, die erschreckende Fakten aufzeigen: Ein Atomkraftwerk hat eine maximale Laufzeit von 40 Jahren und muss dann stillgelegt werden. Der Rückbau des AKW Greifswald zum Beispiel dauert 33 Jahre, kostet 5,3 Milliarden Euro und hinterlässt 600 000 Tonnen verstrahltes Material.

Da es weltweit keine sicheren Endlager für den radioaktiven Müll gibt – sie müssen eine Million Jahre Schutz bieten –, kommen der kontaminierte Bauschutt und die zerlegten Reaktoren in riesige Zwischenlager. Wenn es nicht bald eine Lösung gibt, werden auch die 1100 deutschen Castor-Behälter wieder zu einer Bedrohung, weil sie der Strahlung nicht lange genug standhalten.

In „Imagine“ stellt sich John Lennon die Welt als Bruderschaft der Menschen vor – ohne Staaten, Religionen, Krieg und Armut. Marc Bauder („Master of the Universe“) hat sich für „Wer wir waren“ (X Verleih, auch VoD) von Roger Willemsens gleichnamigen Buch inspirieren lassen und sechs Wissenschaftler zu der Frage interviewt, was zukünftige Generationen von unserer Epoche halten werden: ein Astronaut, ein Ökonom, ein Molekularbiologe, eine Ozeanologin, ein Soziologe und eine kritische Posthumanistin.

Sie attestieren der Menschheit, versagt zu haben – ganz im Sinne von Willemsen, der schrieb: „Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden.“ Die Lösung der Denker lautet, dass wir es durch die Erkenntnis unserer Verbundenheit schaffen können, die Welt so wie in „Imagine“ zu gestalten.