Exil-Autor zum Iran: „Neue Solidarität wird das Regime beenden”

Der kurdische Schriftsteller Jiyar Jahan Fard wurde im Iran verfolgt und dann vom PEN nach Deutschland gerettet – im Interview ordnet er die Proteste in seinem Heimatland ein.

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Herr Jahan-Fard, im Iran werden Kurden offenbar ohne juristische Grundlage und ohne offizielle Begründung verhaftet. Welches sind die Beweggründe der Justizbehörden?

Im Iran herrscht ein totalitäres System mit national-religiösen Idealen. Dem gegenüber steht eine sprachliche, rituelle und kulturelle Vielfalt. Im Land leben persische, türkische, arabische, kurdische, belutschische, gilakische und andere ethnische Gruppen. Von Anfang an war es nicht-persischen Nationalitäten verboten, in ihrer eigenen Sprache zu lesen und zu schreiben.

Sie waren als Schriftsteller und freier Publizist tätig. Wie sahen die Repressalien gegen Sie persönlich aus?

Ich musste viele Verhöre, Verhaftungen, Einzelhaft, weiße Folter (psychische Folter) und die Verhinderung meiner schriftstellerischen Tätigkeit über mich ergehen lassen. Jeder kurdischsprachige literarische, kulturelle oder politische Aktivist in Iran, der intellektuell unabhängig ist und nicht mit der Islamischen Republik kooperiert, gilt als Separatist. Und in der Türkei werden dieselben Aktivisten als Terroristen bezeichnet. Ich habe sowohl in Iran als auch in der Türkei Hafterfahrung im Zusammenhang mit der kurdischen Sprache und Literatur. Ich werde von den Herrschern dieser beiden Länder als Separatist als auch als Terrorist angesehen, weil ich als Schriftsteller und Aktivist nie mit einem undemokratischen und menschenverachtenden System zusammenarbeiten konnte und werde.

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Demonstrationen in Iran. Gibt es jetzt einen Unterschied zu früher?

In den vergangenen Jahren richteten sich die meisten Proteste gegen bestimmte Maßnahmen der Regierung, zum Beispiel gegen Betrug bei den Präsidentschaftswahlen und hohe Preise, aber diesmal ist die gesamte Islamische Republik das Ziel. Die Menschen sind nicht zufrieden. Sie wollen Veränderungen in dieser Regierung beziehungsweise das Regime stürzen. Da diese Proteste im Osten Kurdistans begannen und Kurdistan in allen seinen vier Teilen eine lange Geschichte politischer und ziviler Kämpfe hat, benutzten die Menschen bewusst einen Slogan, der ihnen Hoffnung auf Veränderung gibt. Frauen und Männer im Norden und Westen Kurdistans (Türkisch- und Syrisch-Kurdistan) kämpfen seit rund vier Jahrzehnten in einem Prozess, dessen Wahlspruch „Frauen, Leben, Freiheit“ lautet. Derselbe Slogan, der aufgrund der Niederlage von ISIS durch die in Westkurdistan/Rojava (Syrisch-Kurdistan) kämpfenden kurdischen Frauen und Männer global wurde, wird jetzt erneut globalisiert. 

Der kurdische Schriftsteller Jiyar Jahan Fard wurde im Rahmen des "Writers-in-Exile"-Programms der Schriftstellervereinigung PEN nach Deutschland gerettet.
Der kurdische Schriftsteller Jiyar Jahan Fard wurde im Rahmen des "Writers-in-Exile"-Programms der Schriftstellervereinigung PEN nach Deutschland gerettet.
© Jacob Kohl

Welche konkreten Forderungen stecken hinter diesem Slogan?

Er fordert ein demokratisches Selbstmanagement der Gesellschaft. Da dieser Protest aufgrund der Unterdrückung von Frauen entstanden ist und die drei Themen Frauen, Ökosystem und Demokratie in dem Slogan „Frauen, Leben, Freiheit“ genannt werden, ist diese Revolution als Frauenrevolution bekannt. Das Regime der Islamischen Republik hat eine Politik des „Teile und herrsche“ betrieben und zu seiner Erhaltung die ethnischen Gruppen des Iran – darunter Kurden, Aserbaidschaner, Belutschen, Araber – gegeneinander ausgespielt. Aber jetzt unterstützen sich zum ersten Mal alle Ethnien des Iran gegenseitig, auch in ihren Parolen. Diese Solidarität wird das Regime der Islamischen Republik beenden.

Können die derzeitigen Proteste das Regime ins Wanken bringen?

Zweifellos haben diese Proteste die Ordnung der Regierung gestört. Da das Regime immer mehr Menschen tötet, verletzt oder verhaftet, verliert es seine Akzeptanz in immer mehr Schichten, und die Bewegung breitet sich von Tag zu Tag weiter aus. Aus der Reaktion der Regierungsbeamten geht klar hervor, dass sie sehr besorgt sind und alle möglichen Lösungen ausprobieren. 

Welche sind das?

Zum Beispiel, indem sie die Militärbasis und das Lager kurdischer Zivilisten im Irak angriffen. Sie versuchten, die kurdischen Parteien in einen bewaffneten Krieg zu zwingen und die Kurden in Ostkurdistan (Iranisch-Kurdistan) in größerem Umfang unter dem Vorwand zu unterdrücken, dass sie Separatisten seien. Aber die Parteien ließen sich nicht täuschen und reagierten nicht mit Waffengewalt. Das Regime versucht, die Aktivitäten von Frauen einzuschränken, indem es auf die Möglichkeit der Vergewaltigung nach der Verhaftung hinweist, aber wir sehen immer noch Frauen auf den Straßen.

Können die Proteste zu dauerhaften Veränderungen im Iran führen?

Einige Veränderungen sind schon jetzt zu erkennen, ich erwähnte die Solidarität der ethnischen Gruppen, die meiner Meinung nach anhalten wird. Auch die geänderte Einstellung der Menschen ist eine wichtige Sache. Selbst in Gebieten des Iran, in denen die Frau durch den Islam völlig aus der Gesellschaft entfernt wurde und radikaler Islamismus vorherrscht, sehen wir, dass neben Frauen auch Männer die Rechte und die Freiheit der Frau verteidigen. Die Rechte der ethnischen Gruppen und diese Art des Kampfes für die Demokratie werden stark zunehmen. Durch ihre geänderte Einstellung wird sich die Gesellschaft in Richtung Freiheit und Demokratie bewegen.