Exzellentes Niveau in der Gießener Volksbank-Arena geboten

Mit Schwung: Andreas Jamin, Peter Hermann, Michael Diehl und Dietrich Faber (von links) überzeugen bei der „Corona-Kulturshow“. Foto: Schultz
© Schultz

Auch bei der zweiten „Corona-Kulturshow“ gab es neben einem gelungenen musikalischen Programm kleine Talkphasen mit Dietrich Faber und den Gästen zur Skizzierung der...

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GIESSEN. Einen höchst unterhaltsamen Abend auf exzellentem musikalischen und nicht zuletzt komödiantischem Niveau bot Dietrich Fabers zweite „Corona-Kulturshow“ am Mittwoch in der Volksbank-Arena. Noch dazu stimulierten leichte Abwandlungen des Formats zusätzlich die Aufmerksamkeit, sodass die Zuhörer schließlich restlos zufrieden heimkehren konnten: Volltreffer.

Kabarettist, Autor und nicht zuletzt Musiker Dietrich Faber ließ die Spiele mit einem Kapitel aus einem seiner Werke beginnen, in dem es ums F-Jugend-Turnier der SC Victoria Nidda geht: ein Erlebnis aus Elternsicht, nicht unbekannt, aber deutlich witziger als in echt. Faber, bestens disponiert, lieferte seinen Text in oberster Güte ab und brachte seine Figuren prächtig zum Leben; sehr elegante Schlusspointe.

Das Kulturamt der Stadt, die Volksbank, Faber & Schnepp und Medienpartner GAZ machen die sechsteilige Serie möglich. Der erste Gast war der „Musiker, Produzent und Netzwerker“ Peter Herrmann, Faber kündigte ihn als „eine der prägenden Figuren der Szene, ein Netz- und Brückenbauer“ an. Der präsentierte auf dem fünfsaitigen Bass eine kleine Suite filigraner Klänge, die das Instrument fast darin unsichtbar werden ließen; ganz melodisch, sehr ästhetisch. Das ging dann in einen leichten Funk-Groove über, ungewöhnlich und gut. „I have just been waiting for this moment to arrive”, sang er schließlich fröhlich ohne Mikro in den Saal. Auch diesmal gab es kleine Talkphasen mit Faber und den Gästen zur Skizzierung der Biografien und des Werdegangs. Herrmann hat kürzlich einen Plattenladen im Web eröffnet, in dem neben seinen Produktionen auch die CDs vieler Kollegen aus der Region zu haben sind und zur Linderung der Härte der Zeit dienen sollen (www.plattenladen-giessen.de).

Explosiv perkussive Gitarre

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Michael Diehl (Faber: „Aus der Weltmetropole Braunfels“), eingesprungen für den verhinderten Fallou Sy, schlug dann mit seinem explosiv perkussiven Gitarrenspiel ein neues Kapitel auf. Der stets beseelt agierende Musiker und Komponist legte wie üblich einen hochenergetischen Auftakt hin, in dem er perkussive Elemente, Fingerpicking und untypisches Material zu einem süffigen Mix fügte, bei dem typische Gitarrero-Gesten eine feste Rolle spielen. Diehl erinnert zugleich an Leute wie Joe Bonamassa, Leo Kottke und irgendwie auch Pete Townshend. Er spielte Material aus seinem Album „Blue inside“ und bildet mit Florissa Amendt das Duo „2 in Joy“. Diehl und Herrmann präsentierten gemeinsam „zwei sehr schwierige Stücke,“ nämlich „I wish“ von Stevie Wonder und Queens „Bohemian rhapsody“ und glänzten vor allem bei Letzterem mit sehr schöner zweistimmiger Gitarre und einer Ausarbeitung bis ins kleinste Detail, alle Achtung – ein klares Glanzlicht, Riesenapplaus. Marc Schäfer stellte sein mit Norbert Schmidt verfasstes neues Buch „Gießen zu Fuß“ vor. Zwölf empfohlene Spaziergänge erleichtern dem Leser den Zugang zur Stadt, es erscheint im Oktober.

Die große Überraschung des Abends war die hiesige Premiere der Band JESK des Posaunisten Andreas Jamin. Der brachte mit Michael Ehret (Schlagzeug), Christian Schiller (Gitarre) und Dirk Kunz (Bass) eine hochkarätige Besatzung vom Fachbereich Jazz der Marburger Musikschule mit. Der einnehmend sanfte, ja zärtliche Auftakt („Liebeslied“ von Jamin) wehte gleichsam sanft in den großen Saal. Eine lyrische Führung von der Posaune und ein kongeniales Mitdahinschmelzen der Band überzeugten das Publikum sofort.

Ästhetisch überragend

Auch alle weiteren, eigenen Titel schlugen sofort ein, ein knackiger Funk mit todschicken Breaks („Chimäre“) folgte, der in einen schönen langsamen Groove mündete. Alle Mitglieder machten mit sehr prägnanten Beiträgen und Kompositionen Eindruck, der top disponierte Jamin überragte ästhetisch.

Glanzlicht war der Abschlusstitel „Ich bin raus“, ein zunächst langsamer Blues, der zu kraftvoller Dynamik fand – eine sehr gute Band. Natürlich gab es noch Kooperationen: Jamin, Herrmann und Diehl formten hoch einfühlsam ein sehr intensives Trio mit interessantem Klang und Duktus. Schließlich fand Fabers alter Ego „Manni Kreuzer“ auf der Gitarre zum Ensemble, und man blueste („Minus Blues“) in schönster Stimmung ins Finale. Sehr kräftiger, lange anhaltender Beifall für einen rundum gelungenen Abend.