Der Wetterfelder Künstler Hans Matick hat "Das neue Gießen-Kunstbuch" herausgebracht. Zu sehen ist viel Vertrautes in neuer Anmutung. Die 79 Motive können individuell auch...
. LAUBACH-WETTERFELD. Das Schöne an der Kunst ist, dass sie immer wieder Neues in unser Leben bringt, selbst in Bereichen, die man visuell schon als "erledigt" zu betrachten geneigt ist. Der Wetterfelder Fotograf, Maler und Videokünstler Hans Matick eröffnet jetzt eine neue Facette im Blick auf die Stadt und ihre Region. "Das neue Gießen-Kunstbuch, Neuigkeiten aus dem Ostkreis. Gießen - Grünberg - Hungen - Laubach - Lich" zeigt vertraute Ansichten in ganz neuer Anmutung und in höchst ästhetischer Machart. Der Anzeiger hat schon mal im Kunstbuch geblättert.
Bildergalerie
Dabei lernt man einen Mann kennen, der hier zuletzt in der Ausstellung in der Galerie auf dem Schiffenberg auftrat. "Malerei und Fotografie begegnen sich" heißt die Schau, in der vor einem Jahr Bilder von Inge Schomburg (Gießen), Ingrid Freitag (Nonnenroth) und Hans Matick sowie Fotos von Gottfried Römer (Allendorf) zu sehen waren. Matick zeigte dazu eine attraktive Lichtinstallation, bei der er eine Bildfolge der Arbeiten der Gruppe auf die Basilika projizierte. Unterlegt mit sanfter Musik war das ein angenehm besinnliches Erlebnis, das beim Publikum toll ankam: "Ein Knaller," erinnert er sich. Dabei kommt Matick aus der Medizin. Geboren 1953 in Laubach, studierte er Zahnmedizin in Marburg und arbeitete danach zwei Jahre in einer dortigen Klinik. Es folgte Arbeit in der Oralchirurgie in Baden-Baden und eine Promotion ("In Krankenhaushygiene") worauf er in Kirchhain bei Marburg 15 Jahre eine eigene Praxis betrieb. "Etwa 1996 war für mich das Ende der Zahnmedizin erreicht", erzählt er.
Nächste Phase: Weltreisen mit der Kamera; Matick war zu der Zeit bereits leidenschaftlicher Fotograf. Dann nochmal Masterstudium von 2002-2004 in technischer Redaktion und Multimedia-Dokumentation an der FH Gießen-Friedberg. Eine angebotene Dozentur habe er nicht angenommen, "Ich wollte selbst fotografieren und mein eigener Herr sein". Er lebte eine Weile in den USA, traf dort "sehr interessante Leute" und kam zur 3-D-Animation. Inzwischen bearbeitete er alle Fotos digital nach und schreibt auch die Musik für die Videos. Er machte Werbefilme für die Stadt Hungen, einen virtuellen Stadtführer und erste E-Postkarten.
Bis 2018 bestritt er Ausstellungen, aber da gab es ein Problem: "Die Leute hielten die gedruckten Bilder nicht für Unikate, weil sie am Rechner entstanden waren, dabei habe ich pro Bild nur einen Druck gemacht - und das waren tausende von Arbeitsschritten. Und obgleich ich schriftliche Erklärungen dazu gab, blieben beim Publikum Zweifel." Daher fing er an, selbst zu malen - "aber mit farbigem flüssigen Wachs und einem Bügeleisen", ein Verfahren, das der Technik der Enkaustik ähnlich ist. "Ich kenne mich damit aus, da ich als Zahnarzt sehr viel mit Wachs gearbeitet habe. Aber ab 40 mal 60 Zentimeter wird's schwierig, weil das Material zu schnell aushärtet. Aber ich hab nicht das Bedürfnis, Enkaustik im herkömmlichen Stil zu machen." Er baute sich eine Heizplatte, um den Bilduntergrund, eine Acrylplatte, zu erwärmen. Maticks Bilder haben praktisch nichts mehr mit den bekannten Formen der Enkaustik zu tun, die Wachsschicht ist sehr dünn und gleicht eindeutig einem Farbauftrag. Sie wirken einfach wie expresssiv, strukturstarke Gemälde, die ihr Aussehen bei wechselndem Blickwinkel leicht verändern. Matick hat das Verfahren dahin entwickelt, dass kein enkaustischer Eindruck mehr entsteht, legt aber weiterhin Wert auf die Arbeit mit Wachs, und die Ergebnisse sind in ihrer fühlbaren, leichten Dreidimensionalität sehr vielfältig. Seine Städteansichten zeigte er schon einmal in Lich, "und die Leute waren begeistert."
Im Buch bietet der Künstler den Menschen aus der Region mit seinen fantasievoll malerisch verfremdeten Bildern auf seine ganz persönliche Art Ansichten aus ihrer Heimat. Der Clou: Man kann zwar das ganze Buch für 100 Euro kaufen, das jeweils extra gedruckt wird. Aber man kann auch jedes der auf 59 Seiten gezeigten 79 Motive individuell als Druck erwerben.
Zur gegebenen Zeit will er daraus eine Großprojektion in Gießen zeigen, so wie zweimal auf dem Schiffenberg, in Grünberg und Lich geschehen. Er hat die Bilder auch in einen kurzen Videofilm verwandelt. "Das könnte ich mir sehr gut als Werbefilm für die Stadt vorstellen, der vor Veranstaltungen gezeigt wird," sagt Matick zu dem mit professioneller Eleganz gestalteten Video.
Die Bilder sind von höchster drucktechnischer Qualität, das ganze Buch fühlt sich wertvoll an. Vor allem das künstlerische Niveau der Arbeiten ist bestechend, sie stecken voller verspielter malerischer und inhaltlicher Einfälle und liefern ihre, sagen wir, heimatkundliche Eigenschaft gleichsam diskret nebenbei ab. Und Maticks dramatisch körperliche Schwarz-Weiß-Version der "Drei Schwätzer" hat man so wirklich noch nie gesehen.