Daniel Hope im Interview: „Ich möchte Neues entdecken“

Der Geiger Daniel Hope in einem Weinberg am Kloster Eberbach. Eines seiner Fokus-Konzerte beim Rheingau Musik Festival wird hier stattfinden.
© Alexander Kilian

Der Geiger Daniel Hope ist Fokus-Künstler des Rheingau Musik Festivals. Im Interview spricht er über Klima-Aktivisten im Konzert, die Liebe zum Zeitgenössischen und Mentor Menuhin.

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Herr Hope, Sie haben sich schon 2010 mit einem Konzert für den Klimaschutz eingesetzt. Und Sie haben Sinn für kuriose Situationen, wie Ihrem Buch „Toi, toi, toi! Pannen und Katastrophen in der Musik“ zu entnehmen ist. Was würden Sie machen, wenn sich jemand in einem Ihrer Konzerte ans Podium klebt, vielleicht sogar jetzt gleich im Thiersch-Saal. Würden Sie das Kurhaus-Personal rufen? Oder die Polizei? Oder würden Sie die Person ihr Anliegen vorbringen lassen?

Das ist eine interessante Frage. Was ich bisher zumindest im Fernsehen gesehen habe: Die Menschen springen auf die Bühne und schreien erst einmal alles raus, was geht. Dagegen kannst du nicht ankommen. Ich habe großes Verständnis für die eigene Meinung. Wir leben zum Glück in einer Demokratie. Aber ich habe auch eine Verantwortung gegenüber dem Publikum, ein Konzert zu spielen. Und wenn jemand versucht, mich daran zu hindern, würde ich alles tun, um die Situation friedlich zu lösen. Mir geht es immer um die Musik, und die Menschen, die gekommen sind, wollen die Musik hören. 

Ihnen geht es um die Musik. Aber doch nicht nur, wie Ihre Biografie mit Projekten zur Erinnerungskultur oder zur Apartheid zeigt. In gewissem Sinn können Musiker ja auch Aktivisten sein. Sie können immer wieder Brahms, Beethoven oder das Bruch-Konzert spielen, oder, wie Sie, in ungewöhnlichen Programmen auf eine afroamerikanische Komponistin hinweisen, die kaum jemand kennt. Im Programm „America“ erklingt am 22. Juli im Wiesbadener Kurhaus auch Musik von Florence Price. Wie politisch müssen in diesem Sinne Programme sein?

Ich finde nicht, dass sie politisch sein müssen. Ich denke aber, dass Musik per se politisch ist. Wie Sie sagen: Man entscheidet sich, das Werk einer Afroamerikanerin zu spielen. Das ist für manche schon ein Statement. Aber ich spiele das Werk nicht wegen des Statements. Ich spiele es, weil ich die Musik liebe, und weil ich das Gefühl habe, diese Musik muss geteilt werden. Das war immer mein Einsatz. Auch, als ich 20 Jahre lang die Musik aus Theresienstadt recherchiert, als ich Überlebende interviewt und einen Film darüber gedreht habe.

Wie kamen Sie auf die Werke aus dem Konzentrationslager?

Ich habe diese Musik per Zufall entdeckt, als ich Radio gehört habe. Ein Streichtrio, das ich nicht kannte. Es hat mir keine Ruhe gelassen. Dann kam der Name Gideon Klein. Die Musik hat zu mir gesprochen und ihre Geschichte erzählt. Und ich versuche, die Geschichten weiter zu erzählen, auch auf der Bühne. Meistens mit Musik, aber manchmal auch mit Sprache. 

Ihre Programme unterscheiden sich wohltuend vom Klassik-Mainstream. Kommt das Engagement auch für Zeitgenössisches aus einem Unwohlsein mit dem Durchschnitt des Repertoires, das in unseren Konzertsälen zu hören ist?

Nein, im Gegenteil. Aber die Liebe zur zeitgenössischen Musik brennt tief in mir. Das hat, als ich Student war, mit der Begegnung mit Alfred Schnittkes Musik angefangen. Und wieder hörte ich ein Stück, das ich nicht kannte. Diesmal live, seine erste Violinsonate. Ich war so fasziniert und hin und weg!

Wo liegen Ihre Vorlieben beim Zeitgenössischen?

Ich habe sehr viel abstraktere zeitgenössische Musik gespielt, etwa von Harrison Birtwistle oder Brian Ferneyhough. Nach vielem Experimentieren und Ausprobieren habe ich dann doch eine größere Affinität zur melodischen Musik gesucht und gefunden. Das ist nicht immer unheikel. Gerade in Deutschland ist das Tonale eher verpönt, immer noch. Oder wird zumindest nicht ernst genommen. 

Das ist im angloamerikanischen Raum anders.

Komplett anders. Und aus diesem Grund wird in Europa leider sehr oft die Nase gerümpft über amerikanische Komponisten, und in Amerika wird eher kopfschüttelnd über den großen Teich geschaut. Letztendlich muss ich als Interpret die Entscheidung treffen, die Musik zu spielen, bei der ich das Gefühl habe, ich habe etwas zu sagen. Deshalb bin ich in den letzten Jahren in diese Richtung gegangen, deshalb spiele ich sehr viele amerikanische Komponistinnen und Komponisten und vergebe auch sehr viele Aufträge in dieser Richtung. Immer das Gleiche zu spielen, egal, was es ist, das würde mich nicht glücklich machen. Ich möchte Neues entdecken, ich möchte mit neuen Musikerinnen und Musikern spielen, Neues erleben einfach.

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Wir sind hier im Kurhaus. Ich erinnere mich an eines der letzten Konzerte, das Yehudi Menuhin hier dirigierte, Ende der 90er Jahre. Sie haben als Solist sehr viel mit ihm gespielt, sind dem legendären Geiger schon als Junge begegnet, weil Ihre Mutter für ihn gearbeitet hat. Was war der stärkste Eindruck für Sie?

Er war eine Lichtgestalt. Er war jemand, der in einen Raum gekommen ist, und man hat nichts und niemanden sonst mehr gesehen. Er strahlte einfach eine ungeheure Ruhe und gleichzeitig eine unglaubliche Kraft aus. Er war körperlich nicht sehr groß. Aber wenn du ihn vom Publikum aus auf der Bühne gesehen hast, dann dachtest du, da sitzt ein gigantischer Mann! Er hatte eine unglaubliche Erscheinung. Auf der anderen Seite so eine Liebenswürdigkeit und einen Zugang zu jungen Menschen! Er hat Fragen gestellt, zurückgefragt, weil es ihn interessiert hat, wie die Menschen denken, wie sie die Welt sehen.

Bleiben wir bei großen, kleinen Männern: Am 6. Mai ist in London der Pianist Menahem Pressler gestorben, im Alter von 99 Jahren. Sie gehörten im Beaux-Arts-Trio zu seinen letzten Kammermusik-Partnern. Wie war das, mit ihm zu spielen?

Herrlich. Es war die pure Inspiration. Das heißt nicht, dass es immer leicht war, weil er so gefordert hat, weil er so besessen war von der Musik. Ein falscher Akzent in einer Phrase war für ihn die größte Beleidigung. Er hat einem die völlige Hingabe an die Musik gelehrt. Die Konzerte mit ihm waren unglaublich, aber die Proben mit ihm waren noch schöner. Denn in der Probenarbeit ist er ins Detail gegangen, bis in das letzte Mikro-Detail. Ich war 27 Jahre alt, als ich mit ihm angefangen habe. Es lagen 50 Jahre zwischen uns, und wir haben 400 Konzerte zusammen gespielt, tausende Proben gemacht. In jeder Probe habe ich etwas gelernt. In manchen Proben habe ich ein ganzes Leben gelernt, nur in einer Phrase.