Beim Konzert der Norweger in der Frankfurter Festhalle schwelgen die Fans in Nostalgie.
FRANKFURT. „Take on me“, allgegenwärtig. Mit ihrer ersten Single legte die norwegische Synthiepop-Band a-ha 1984 gleich ihren größten Hit hin. Das dazu gehörige Debüt-Album „Hunting High and Low“ verkaufte sich so gut wie kein weiteres dieser in den 80ern überaus erfolgreichen Gruppe. Nun, zum 35. Jubiläum und mit Corona-Verspätung, sind a-ha in der schon mehrmals aufgelösten und wieder zusammengesetzten Originalformation auf Tour, um die Platte komplett live zu spielen. Eingeleitet mit einem 45-minütigen ersten Akt mit neuen und älteren Songs waren sie in der ausverkauften Frankfurter Festhalle.
Schon zum – aufgrund des Andrangs am Einlass freundlicherweise etwas verspäteten – Beginn sind die schwarz-weißen Comic-Schraffuren zu sehen, die das Musikvideo zu „Take on me“ berühmt machten. Der Clip war erst der zweite, der es auf der Plattform Youtube zu mehr als einer Milliarde Aufrufe brachte. Und bildet, als große Klammer dieses Abends, die einzige Zugabe. Im Grunde ist alles davor eine dramaturgische Hinführung auf diesen Moment kollektiver Glückseligkeit. Auch die Album-Reihenfolge wird deshalb über den Haufen geworfen.
Zum akustischen kommt das virtuelle Erlebnis
a-ha bringt seit der Jahrtausendwende wieder alle paar Jahre eine neue Scheibe heraus. Stilistisch stehen die Um-die-60-Jährigen für Verlässlichkeit, um das Stürmisch-Aufwallende ihrer Twen-Zeiten verringert. Und weil damals ein innovatives Musikvideo, in dem Comic und Realwelt verschwimmen, den Erfolg begründete, spielen die überdimensionierten Video-Sequenzen hinter den Musikern die visuelle Hauptrolle dieses Konzerts. Gitarrenriffs, zu denen die Band wie auf Überwachungskameras ins Visier genommen wird, Synthie-Teppiche, die sich im virtuellen Raum reproduzieren, akustisch-bildliche Reisen durch Natur und Weltraum, ein Zug, der hinter einem wie aus dem Atari stammenden Pixel-Gitter durch Landschaften und Tunnel schnellt, manch Artifizielles – was die Band klanglich bietet, multipliziert sie optisch, auch weil den Musikern jegliche Rampensauerei abgeht.
Wenn ein so altes Album komplett gespielt wird und Zigtausende in die großen Hallen lockt, hat man es entweder mit epochemachender Musik oder überaus nostalgischen Anhängern zu tun. Blickt man sich in der Festhalle um, liegt Letzteres auf der Hand. In der Welt der Musik dominiert der Kohorteneffekt, und die Vorfreude durfte sich lange aufbauen. Obgleich a-ha in den Discos der 80er rauf und runter liefen, ist ein Großteil des Innenraums bestuhlt. Das Publikum altert mit seinen Idolen.
Morten Harkets einstmals glockenklare Stimme altert auch. Die Hochtöne bei „Take on me“ peilt er mit wenig Volumen und viel Anstrengung an, manch weitere anspruchsvolle Partie auf dem Weg zum Über-Hit misslingt. Das Los eines Ausnahmesängers, der vor den Zeichen der Zeit genauso wenig gefeit ist wie alle anderen.
Nur scheint das in dieser Nostalgie-Show niemanden zu stören. Weil a-ha manches an ihrem Sound aufhübschen und gut darin sind, schwelgerische Atmosphären zu kreieren. Und weil sie, trotz Schlagzeugers gerne mal den Drumcomputer einsetzend, hinreichend analog unterwegs sind, dass die Verwurzelung intakt bleibt. Musikalische Innovatoren waren a-ha nie. Aber die bei aller Eingängigkeit viel Verletzlichkeit transportierenden Songs sind gut gealtert und erzählen uns heute noch einiges über ihre Epoche.