Unterhaltsam, witzig und geistreich in die Sommerpause
Frau Schrödingers Katze ist entlaufen. Wer jetzt schon schmunzeln muss, hat vollkommen Recht: Der Münchner "Polizeiruf 110" mit Verena Altenberger in der Hauptrolle hat sich ein populärwissenschaftliches Thema auf die Fahnen geschrieben.
So heißt denn auch der neue Fall "Frau Schrödingers Katze". Deren Name ist Pandora (wie in Pandoras Büchse, genau), und Pandora (im echten Leben Zippo) ist entlaufen. Frau Schrödinger (Ilse Neubauer), die zwar auch einen Vornamen hat, der aber nicht wichtig ist, sucht derweil das geliebte Haustier und macht sich auf den beschwerlichen Weg zur Polizei, wo sie Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) begegnet. Beschwerlich ist der Weg für Frau Schrödinger, weil sie herzkrank und schlecht zu Fuß ist.
Ihr Glück, so zumindest glaubt sie, ist, dass das Ehepaar Karin (Lilly Forgách) Michael Meyer (Ferdinand Dörfler) sich um die alte Dame kümmert, dafür sorgt, dass sie ihre Medikamente nimmt, ruhig schläft und überhaupt rundum versorgt ist. Was Frau Schrödinger nicht ahnt: Die Meyers sind eigentlich nur hinter Frau Schrödingers Haus her, das mit einem Wert von über einer Million Euro Geld in die leeren Kassen spülen würde. Karin Meyer hofft also auf ein schnelles Ableben der alten Dame und hat bereits eine gefälschte Schenkung des Hauses in die Wege geleitet. Und dann ist da ja noch die entlaufene Pandora, die der jungen Vicky Neumann (Luna Jordan) in die Arme läuft. Vicky wiederum hatte die Polizistin Eyckhoff dabei beobachtet, wie diese Suchzettel für Pandora aufgehängt hatte – und wittert jetzt ein bisschen Geld als Finderlohn. Und erst hier beginnt der eigentliche Krimi.
Das macht aber überhaupt nichts. Die Handlung von "Frau Schrödingers Katze" treibt sich eigenverantwortlich, aus eigenem Tempo nach vorn, gibt sich immer wieder selbst Geschwindigkeit. Die einzelnen Sequenzen setzen sich so natürlich zusammen, wie es selten in Krimis der Fall ist. Nichts wirkt übermäßig konstruiert oder bemüht herbeigeführt. Ein Rädchen greift in das andere. Und Autor Clemens Maria Schönborn schafft es bei allen Verästelungen und Verschachtelungen noch meisterhaft, dass der Zuschauer an den dafür vorgesehenen Stellen laut lachen muss. Dabei gleitet der Krimi aber nie in Klamauk ab, sondern bleibt sich immer selbst treu. Das gilt insbesondere für die Streifenpolizistin Eyckhoff, die wieder einmal mehr zufällig als gewollt in eine Mordermittlung gerät. Doch auch da passt alles, das Bild ist rund und stimmig. Oliver Haffners Regie sorgt außerdem dafür, dass man ganz nah dran ist an Eyckhoffs Arbeit, an ihren Motiven und ihrem Leben.
Altenberger hatte den Polizeiruf aus München vor wenigen Jahren übernommen und mit Matthias Brandt ein filmisches Schwergewicht abgelöst. Bewusst hatte man den Fokus auf eine Streifenpolizistin gelegt und hat sich erst einmal viele Ebenen entfernt von der klassischen Erzählstruktur der Kripo-Beamten, die zu einem Mord gerufen werden. Das hat dem Ableger sichtlich gut getan, auch wenn gerade die ersten beiden Fälle durchaus etwas zu sehr in das Artsy-Genre abdrifteten. Das gilt für "Frau Schrödingers Katze" nicht. Der Film beendet die Sonntagabendkrimi-Saison 2020/2021 und tut dies auf hohem Niveau.
Insbesondere sticht Altenberger als Eyckhoff heraus, die sich als junge Mitarbeiterin der Schutzpolizei von ihren Kollegen allerhand anhören muss. Der Chef rüffelt sie für ihr Eigenengagement. Der Kollege nervt sie mit Aufstiegsfantasien. Eyckhoff lässt sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und die geltungsbedürftigen Arbeitskollegen ein ums andere Mal auflaufen. Das ist herrlich pointiert und spiegelt sicherlich den Arbeitsalltag vieler Frauen. Die Pointe hat Eyckhoff am Ende auf ihrer Seite. Einschalten lohnt sich!
Das Erste zeigt den "Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze" am 20. Juni um 20.15 Uhr.