Peter Berg rekonstruiert in seinem Film den Terroranschlag auf den Boston-Marathon am Nationalfeiertag im Jahr 2013. Mark Wahlberg ist nicht nur vor der Kamera in der Rolle des Polizisten Saunders zu sehen, er hat auch in der Produktion des Filmes mitgewirkt.
Von Birgit Roschy
Kühlen Kopf im Chaos muss Polizist Saunders (Mark Wahlberg) beim Anschlag auf den Boston-Marathon bewahren. Foto: Studio Canal
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Im Jahr 2013 wurde auf den Boston-Marathon ein islamistischer Terroranschlag verübt. Bei dem Traditionslauf am "Patriot's Day"-Nationalfeiertag, der dem Beginn der amerikanischen Revolution gewidmet ist, wurden drei Menschen getötet und 246 verletzt. Schon durch den Originaltitel "Patriot's Day" ist der Film mit Symbolik aufgeladen, doch Regisseur Peter Berg beweist in diesem Dokudrama erneut Fingerspitzengefühl und zugleich Sinn für Action und Spannung.
Der Filmemacher hat mit Lieblingsdarsteller Mark Wahlberg bereits mit "Lone Survivor", einem Drama aus dem Afghanistankrieg, und "Deepwater Horizon" über eine Ölkatastrophe zwei national bewegende Themen mit mätzchenfreier Präzision auf die Leinwand gebracht. Auch diesmal schafft er es, bei der Rekonstruktion der Anschläge und der blutigen Jagd nach den beiden Attentätern plumpes Pathos zu vermeiden. Er illustriert jene fünf Tage, in denen die Millionenstadt Boston den Atem anhielt, sowohl mit erstaunlichem Gespür für Timing wie für das rechte Maß an Aufgewühltheit.
Für den gebürtigen Bostoner Mark Wahlberg in der Rolle des Jedermann-Polizisten Saunders, der zufällig zum Hauptakteur der Fahndung aufsteigt, handelt es sich um ein Heimspiel. Saunders ist eine fiktive Figur, in der sich mehrere reale Ermittler bündeln. Die restlichen Cops, Helfer, Opfer und auch Täter aber sind authentisch und werden, beginnend bei den jeweiligen Vorbereitungen für das Rennen, in knappen Streiflichtern charakterisiert. Das Entsetzen über die Bombenexplosionen, bei denen auch ein Kind ums Leben kommt und die zahlreiche verkrüppelte Opfer zurücklässt, weicht kalter Entschlossenheit; aufkommende Panik wird im Keim erstickt.
In einem Mosaik packender Details wird das gelegentlich schwierige Zusammenspiel der Ermittler, der "shut down" der Stadt, in der das öffentliche Leben stillgelegt wird, und die sich allmählich entwickelnde Strategie der Polizisten deutlich. Als Geheimwaffe stellt sich einmal mehr die Elektronik in Gestalt unzähliger Smartphone-Filmchen der Marathon-Zuschauer heraus. Zusätzlichen Drive bekommt die Handlung durch die begründete Angst, dass die Attentäter nach New York entkommen und weitermachen könnten. Tatsächlich richteten Dschochar und Tamerlan Zarnajew auf ihrer Irrfahrt noch mehr Unheil an.
Doch die Opfer sind in diesem Film wichtiger als die Täter. In der auf die unmittelbaren Taten konzentrierten Inszenierung wird die islamistische Ideologie komplett außen vor gelassen, sodass die Menschenverachtung und Gewaltbereitschaft der Mörder umso schockierender hervortreten: eine erfrischende Haltung ohne jede Rechtfertigung, was man dem Film prompt vorgeworfen hat.
Es handelt sich um einen bösen Treppenwitz der Filmgeschichte, dass dieses Drama stellenweise den Dschihad für Dummies aus der Slapstick-Komödie "Four Lions" (2010) beglaubigt, in der Terroristen ein Bombenattentat bei einem Londoner Marathon planen - und sich versehentlich selbst entleiben. Fast so wie in Boston, wo der eine Zarnajew-Bruder den anderen auf der Flucht überfahren hat.
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