„Lindenberg! Mach dein Ding“

Wo geht‘s zum Erfolg? Lindenberg (Jan Bülow) mit Manager Mattheisen (Detlev Buck). Foto: DCM
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Jan Bühlow verkörpert den jungen Udo in der Rockbiografie – unterhaltend, mit überraschend vielen traurig-ernsten Momenten und gut besetzt.

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. „Es ist ganz wichtig, dass du eine Sache ganz schnell kapierst“, bläut Vater Lindenberg seinem Sohn Udo ein: „Wir Lindenbergs werden Klempner und sonst nichts!“. Zu seinem Geburtstag aber, wir schreiben die frühen 50er Jahre und befinden uns in der westdeutschen Provinz, bekommt der Sohn dann doch von eben diesem viel zu häufig besoffenen und nicht immer sonderlich einfühlsamen Vater ein goldenes Schlagzeug. Darauf übt er fortan fleißig. Auf dass aus diesem Lindenberg eben doch kein Klempner, sondern der Udo wird.

Davon erzählt Hermine Huntgeburth in ihrer Rockbiografie „Lindenberg! Mach dein Ding“, die sich auf die westfälische Herkunft, erste Auftritte, Rückschläge und erste Hits konzentriert. Die Regisseurin findet wunderbar ausgestattete Bilder für Udos Schwärmerei für eine ältere Turmspringerin und für den erdrückenden und doch anheimelnden Alltag in Gronau, Westfalen. Sie zeigt uns, wie schnell Lindenberg eine Kellnerlehre an den Nagel hängt, erzählt von missratenen Auftritten vor US-Truppen in Libyen, nimmt uns schließlich mit nach St. Pauli, wo die Karriere des Udo Lindenberg mehr schleppend denn flott in die Gänge kommt.

Immer wieder geht es um die deutsche Sprache, die nicht popkompatibel sei und zudem die Sprache der Nazi-Täter. Hin und her gerissen zwischen Selbstzweifeln und Größenwahn („Ich bin Udo, das nächste große Ding!“), gerät er schließlich an einen leicht überzeichneten Plattenmanager (Detlev Buck). Die erste Single erscheint, noch auf Englisch. Erfrischend an diesem Film, ja ein wenig unerwartet ist, dass er uns nicht den Udo, den man zu kennen glaubt, präsentiert, den ewig coolen, den ewig vor sich hin nuschelnden, den so unendlich sympathischen wie nie ganz durchschaubaren Udo. Dieses Gesamtkunstwerk ist hinlänglich bekannt, die Sonnenbrille, die Hüte, all die Storys rund um Udos Leben im Hotel. In den vergangenen Jahren scheint die Udo-Manie noch zugenommen zu haben. Gut aber, dass Regisseurin Huntgeburth so weit zurückblickt, uns einen noch gänzlich unfertigen, einen immer wieder unsicher, ja kindlich agierenden Künstler zeigt. Einen Künstler, der sich nicht nur immens schwer damit tut, sich von seinem dominanten Vater zu emanzipieren. Einen Künstler vielmehr, der durchaus bereit ist, fragwürdige Kompromisse einzugehen und auch mal willens, Bekanntschaften auszunutzen. Der aber, und das bringt Jan Bülow mit seinem verpeilt-traurigen, immer etwas verhangenen Hundeblick auch wunderbar zum Ausdruck, als angehender Rockstar trotz allem sein Herz stets auf dem rechten Fleck trägt.

„Lindenberg!“ ist dabei unterhaltend, wartet mit überraschend vielen traurig-ernsten Momenten auf und ist gut besetzt – zu nennen sind etwa auch: Lindenbergs erste große Liebe, verkörpert von der tollen Ella Rumpf sowie das legendäre, von Lindenberg so eindringlich besungene „Mädchen aus Ost-Berlin“, hier dargestellt von einer starken Saskia Rosendahl („Werk ohne Autor“).

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Darüber hinaus erzählt der Film ziemlich überzeugend von der wirklich sehr beeindruckenden Fähigkeit eines Künstlers, sich gegen alle Widerstände durchzusetzen. Wirklich berührend ist schließlich das Ende: Über 130 Filmminuten ist Jan Bülow ein ziemlich überzeugender Udo – für einen Moment aber ist da der echte Lindenberg zu sehen: mit einem Auftritt, der dazu angetan ist, nicht nur Fans Tränen der Rührung in die Augen zu treiben.

Von Matthias von Viereck