Die Satire zeichnet laut und grell die wahre Geschichte über die faulen Tricks und die Pleite der Herstatt-Bank nach - inklusive 70er Jahre Atmosphäre.
. Schon einmal hatte das Produktionsunternehmen "Zeitsprung Pictures" eine reale Bankenpleite zum Anlass für einen satirisch fiktionalen TV-Film genommen: Spritzig witzig inszeniert war im "Der König von Köln" Ende 2019 die Privatbank Oppenheim im Finanzskandal um Josef Esch noch einmal untergegangen. 2021 schießt im gespielten Nachgang nun die Herstatt-Bank - wie echt in den 1970er Jahren - himmelhoch in Devisengewinne und fällt nach Aufdeckung der Scheingeschäfte komplett auf die Nase. Die "Goldjungs" hatten sich verzockt. Bankdirektor Iwan Herstatt und Bank-Inhaber Hans Gerling wurden verklagt, verurteilt, und Gerling verlor seinen Mehrheitsanteil am Konzern. Für die "Goldjungs", die die ARD am 5. Mai mit Milliarden spielen lässt, ist der Schauplatz wiederum Köln, auch wird dort wieder Karneval mit Klüngel übersetzt und spielen zwei Aspekte aus dem früheren Film eine Rolle: Die Ironie der Geschichte, dass die untergegangene Privatbank Samuel Oppenheim, direkt gegenüber der ehemaligen Herstatt-Bank gelegen, Drehort für die neue Produktion geworden ist; und Judith Engel, damals das Püppchen der Quelle-Erbin Schickedanz (im Film: Dickeschanz), spielt jetzt Sekretärin Birgit Pütz, fanatisch mitbietend im schwindelfreien Millionenpoker. Das war es dann aber auch mit den Parallelen.
Tagsüber an der Wählscheibe, nachts wild im Lovers Club
Denn was diesmal im 70er-Jahre-Stil so schön grell und laut für das Geschäft beginnt, bleibt unter Christian Schnees Regie doch reichlich dünner Lack. Die Porsches der "Goldjungs" sind bunt, ihre Sonnenbrillen dickes Klischee, und abends im Lovers Club tanzen sie so wild, wie sie tagsüber ihre Wählscheiben-Telefone malträtieren; die biedere Hausfrau mit Sparbuch näht derweil zu Hause und sieht ihre Tochter Marie Karriere machen bis ins Herstatt-Vorzimmer. Dieser Iwan Herstatt, deftig vorgeführt von Waldemar Kobus, lässt in seiner Schlafsucht und Gardeuniform gern "de Dom in Kölle" und ist neben dem Ehepaar Gerling als dritte auch die letzte Figur aus dem historischen Tableau. Hans Gerling bleibt mit Martin Brambach herzzerreißend steif und maulfaul, was auch bedeutet, dass Leslie Malton als Irene Gerling mit zwei Dalmatinern Grande Dame spielen kann - und sie kann's mit aller gebotenen Grandezza! Ihr erster Auftritt allein schon ist hinreißend - und am Ende ist sie es, die den kleinen Sparer nicht im Stich lassen wird.
Fiktiv sind alle übrigen Figuren, der smarte Broker Mick (Tim Oliver Schultz), der verkniffene Buchhalter Lennartz (Jan Krauter mit furios überreiztem Schlussmonolog) und der schwule Abteilungsleiter Ferdinand von Broustin (Ulrich Friedrich Brandhoff), der sich Franz Marc an die Wände hängt und sich daher selbst für einen Künstler hält, was an Marie zu beweisen wäre. Michelle Barthel, viel beschäftigte und hoch dekorierte Schauspielerin, spielt diese weibliche Hauptfigur immerhin mit einer Entwicklung vom naiven Mädchen über eine vom Manne und vom Geld Verführte bis zum Aufbruch in eine "Welt, in der Geld keine Rolle spielt", 1974 heißt das: ab als Hippie nach Indien.
Filmplot und -figuren sind zu überdreht, als dass der eigentliche Zockerskandal noch berühren könnte und der Blick auf die Mode der 1973/74er Jahre mag ja belustigen, so wie im Büro Aschenbecher noch überquellen dürfen und die Anrede "Fräulein" eines Besseren belehrt wird. Immerhin stützt der Soundtrack mit Gilbert O'Sullivan, Stevie Wonder und Led Zeppelin die Atmosphäre und trifft mit David Bowies "Space Oddity" den Handelsraum der Bank, genannt "Raumschiff Orion", ins abhebende Börsen-Mark. Dem damals neu eingesetzten Computer sei Dank - ihn auszuhebeln, der faule Trick der "Goldjungs". Wozu er in der wahren Geschichte führte, und wie Bankgeschäfte weiterhin mit der Lust zur Verführung in den Totalverlust geführt werden, zeigt das ARD-Wirtschaftsmagazin "Plusminus" im Anschluss.