Am 28. Oktober heißt es zum zehnten Mal „Tatorte Kunst“: 48 Wiesbadener Künstler zeigen ihre Werke in 29 Atelierstandorten. Wir besuchten Petra von Breitenbach vorab.
WIESBADEN. Das Atelier des Künstlers von heute ist nicht mehr von Staffelei und Palette dominiert, sondern ein Computer steht an prominenter Stelle. Aber Petra von Breitenbach entwirft ihre Projekte natürlich nicht nur am PC, sondern zeichnet, malt und collagiert wie ehedem in ihrem schönen Eck-Atelier in der Kellerstraße.
Kunst nicht als Selbstzweck verstehen
Die Wiesbadener Künstlerin, Mitinitiatorin von „Tatorte Kunst“, hat in ihrem Leben schon viele künstlerische Stationen durchlaufen. Immer war es ihr jedoch wichtig, Kunst nicht als Selbstzweck, sondern auch in ihrer sozialen, politischen, kritischen Dimension zu verstehen. Und auch nicht nur im stillen Kämmerlein zu agieren, sondern sich zu vernetzen, inspirieren zu lassen, Synergien zu entwickeln. Daher war „Tatorte Kunst“, die Atelierschau im Bereich Wiesbaden-Mitte sowie Rheingauviertel/Hollerborn für sie anfänglich auch eine große Chance, Kunstorte und Kunstschaffende bekannter zu machen.
Mit weniger als zehn Mitwirkenden hatte man begonnen, heute sind es über 50 „Tatorte“ – eine Entwicklung, die Petra von Breitenbach durchaus kritisch sieht. „Die Stadtteilkultur hat Einzug gehalten, es ist nicht mehr nur ein Atelierrundgang wie in den Anfangsjahren“, sagt sie. Dennoch freut sie sich auch im zehnten Jahr auf kommenden Sonntag, 28. Oktober, 12 bis 18 Uhr, der wieder einmal zeigen wird, „was wir für eine vielseitige Szene in Wiesbaden haben“. Petra von Breitenbach schwärmt von ihren „Kollegen, die konstruktive Kritik üben, sich aber auch gegenseitig etwas gönnen“. Wenn auch die Ausstellungsmöglichkeiten für Wiesbadener Künstler in ihrer eigenen Heimatstadt eher rar sind: „Daher organisieren wir das ja auch selbst.“
Die Künstlerin wird bei den „Tatorten“ eine Preview auf ihre eigene Einzelausstellung in der BBK-„Schaustelle“ geben. Sie trägt den Titel „blu(€)ten“, der sehr mehrdeutig gemeint ist. Blüten als Blumen oder als Falschgeld, aber auch „Bluten“ ist enthalten in den Installationen aus Lichterketten, Stoffen, Acryl und chirurgischen Masken, die Petra von Breitenbach als „blutige Blüten“ drapiert. „Die Ausstellung ist genau auf diesen Raum konzipiert“, sagt sie. So hält sie es oft, fährt mit den entsprechenden Materialien vor Ort und lässt sich dann zum endgültigen Arrangement inspirieren. Von Breitenbach ist ausgebildete Grafik-Designerin. Ihr zweites Studium war Sozialarbeit, „in der Aufbruchstimmung der 70er Jahre“, erinnert sie sich. Damals war sie Mitglied in der Sanierungsgruppe des Bergkirchenviertels und ihre Diplomarbeit drehte sich um die Gestaltung der Bürgerinitiativen-Zeitung dieses Quartiers. Als Sozialarbeiterin in Bad Kreuznach, später auch im Wiesbadener Johannesstift hat sie auch hier Kunst immer in ihre Arbeit mit den Klienten einfließen lassen, dabei selbst für die eigene „innere Hygiene“ immer ein visuelles Tagebuch geführt. Diese zahllosen Blätter sind mittlerweile alle eingescannt und werden auf dem PC verwaltet. Auch mit Christa Moering war sie eng befreundet und ist Mitglied der „Gruppe 50“. 2003 stieg sie aus der Sozialarbeit aus, schloss ein weiteres Kunst-Studium an und ist seitdem freischaffende Künstlerin. Mehrere Monate arbeitete sie künstlerisch mit geflüchteten Menschen im American Arms Hotel. „Da sind unglaubliche Werke entstanden.“ Und ihre eigenen Werke haben in den vergangenen Jahren die dritte Dimension hinzugewonnen – zu erkunden demnächst in der „Schaustelle“.