Die Antwort von Nelson Mandela.
(Foto: Hermann Vaske)
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FRANKFURT - Eine Frage, 1000 Antworten – und was für verschiedene! In rund 30 Jahren von Künstlern, Schauspielern, Schriftstellern, Musikern, Architekten, Designern, Fotografen, Forschern und sogar von Politikern notiert. „Warum sind Sie kreativ?“ Auf diese kurze Frage gibt es viele nachdenkliche, aber auch amüsante, naive oder abstruse Antworten. Sicher sind die meisten ehrlich gemeint und nach reiflicher Überlegung entstanden, vielleicht auch spontan beantwortet worden. Aber nicht einfach schnell hingekritzelt, um seine Ruhe zu haben.
Eine Auswahl von 300 Antworten ist jetzt im Frankfurter Museum für Kommunikation zu sehen. Gesammelt hat sie Hermann Vaske, der lange in der Werbebranche tätig war und viele Leute aus verschiedensten Berufen traf. Irgendwann kam ihm die Idee, diese in vielerlei Weise kreativen Menschen zu fragen, weshalb sie einen Beruf abseits der Norm zwischen Banker und IT-Spezialist haben. Vaske selbst beantwortet die Frage verblüffend unspektakulär: „Ich bin neugierig und liebe Überraschungen. Es ist wohl mein Schicksal, um die Welt zu reisen, auf der Odyssee nach weiteren Antworten.“
Allerdings ist die Ausstellung nicht fein säuberlich nach den Berufen sortiert, sondern eher assoziativ gehängt – und das tut ihr gut. Da hängt die Antwort des Ex-Fußballers Günter Netzer neben dem Zettel des Politgrafikers Klaus Staeck. Während Netzer lapidar „Die Tiefe des Raumes“ antwortet, fällt Staecks Erwiderung viel aufschlussreicher aus: „Weil es die effektivste Art ist, der Langeweile zu entgehen und die Unabhängigkeit zu bewahren.“ Andere wollen einfach nur geliebt werden wie die Schauspielerin Jasmin Tabatabai oder verweisen geheimnisvoll auf die Mutter wie der Maler und Filmemacher Julian Schnabel. Der Filmregisseur Völker Schlöndorff hingegen geht der Sache auf den Grund mit zwei Gegenfragen: „Warum atme ich? Warum lebe ich? Alles dieselben Fragen.“ Meist schrieben die Prominenten ihre Antworten auf ein Stück Papier, bis hin zur benutzten Serviette. Boris Becker wiederum schickte Vaske einen Tennisschläger, bemalt in dicken schwarzen Buchstaben mit den Worten „No choice“ – keine andere Wahl. Über die Auswahl der Gefragten mag man sich folglich etwas wundern, vom feingeistigen Denker bis zum wenig cleveren Sportler.
Noch mehr irritiert, dass etliche Politiker darunter sind, auch wenn Nelson Mandela, Michail Gorbatschow oder Richard von Weizsäcker sicher die besten Vertreter ihrer Spezies sind. Aber der 62-jährige Vaske hat die Politiker mit Bedacht gewählt: „Gerade die Politiker stehen in der Verpflichtung, kreativ zu sein, auch wenn viele das heute nicht mehr sind. Denn nur die Kreativität kann uns aus dem Schlamassel befreien.“
Vaske glaubt, dass mit mehr Kreativität viele Probleme der Welt gelöst werden könnten. Für ihn ist die Kreativität eine wichtige Eigenschaft des Individuums: „Der Unterschied zwischen den so genannten Kreativen und den Nicht-Kreativen ist, dass die kreativen Menschen es einfach tun“, meint er. Freilich scheint es keinen geraden Weg zur Kreativität zu geben. Denn wenn wir wüssten, wo sie herkommt, so Vaskes Hoffnung, „könnten wir sie ja auch gezielt stimulieren, um kreativer zu werden.“ Immerhin schälen sich beim Rundgang bestimmte Antriebsgründe heraus, von der Suche nach Liebe oder Anerkennung über Langeweile, Schicksal, Spiritualität, Rebellion, Zwang oder Angst bis hin zum Sexualtrieb.