Die private Kunsthalle in Niederlibbach zeigt eine neue Schau – zu der man sonntags auch im angrenzenden Mehrgenerationenhaus auf einen Kaffee einkehren kann.
Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur und Stadtredaktion Wiesbaden
Inspiriert von Johann Heinrich Füsslis „Nachtmahr“: Katrin Kampmanns Gemälde aus dem Jahr 2017.
(Foto: Kampmann)
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TAUNUSSTEIN - „Mal so weiter!“ Ein größeres Lob kann es für einen jungen Künstler eigentlich nicht geben – wenn es vom Akademielehrer kommt. Denn das bedeutet: Man ist auf dem richtigen Weg. Dass dies im besten Fall nicht der des Lehrers sein sollte, sondern immer ein eigener, das lässt sich an der neuen Ausstellung im Kunsthaus Taunusstein gut ablesen, die an diesem Wochenende eröffnet wird.
Eine Kunsthalle als Liebhaberprojekt
Gezeigt werden Werke von sechs Schülern Karl-Horst Hödickes. Der Maler war Wegbereiter des Neoexpressionismus in Deutschland und von 1974 bis 2005 Professor einer eigenen Malereiklasse an der Berliner Hochschule der Künste. Seine Malklasse galt als Keimzelle der „Neuen Wilden“, Künstlern also, die in großen Formaten expressiv-abstrakt arbeiten, mit kräftigen Farben. Das hat sich natürlich im Laufe der Jahre weiterentwickelt – und bei den sechs Malern der ehemaligen Hödicke-Klasse in ganz unterschiedliche Richtungen.
Ausgangspunkt für die von den beiden Wiesbadener Galeristinnen Elvira Mann-Winter und Christine Rother kuratierte Schau war wieder die Kunstsammlung von Irene Haas und Ulrich van Gemmern. Die beiden hatten früher eine PR-Firma und schon in dieser Zeit begonnen, Kunst zu sammeln – und das vornehmlich von Berliner Künstlern. Sie verwirklichten ihren Traum und bauten eine 600-Quadratmeter-Kunsthalle in Niederlibbach. Seit April 2016 betreiben sie nun das „Kunsthaus Taunusstein“ aus Liebe zur Kunst. Über 3000 Besucher haben sich bisher hierhin auf den Weg gemacht. Am 23. September gibt es für sie ein Pilotprojekt: Eine Stunde vor der Öffnungszeit am Sonntag öffnet auch wenige Meter weiter im neuen Mehrgenerationenhaus ein temporäres Café. Und noch etwas ist neu: Jeden ersten Sonntag im Monat gibt es um 16 Uhr eine Führung im Kunsthaus. Ob es allerdings eine gute Idee war, mit der neuen Ausstellung auch den Eintrittspreis von fünf auf sieben Euro zu erhöhen, bleibt dahingestellt.
Die neue Ausstellung basiert vor allem auf den vier Künstlern, die bereits zur Sammlung von Haas/van Gemmern zählen: Ina Lindemann, Katrin Kampmann, Helmut Middendorf und Reinhard Pods. Ergänzt werden sie in der Schau von Arbeiten Jan Muches und Renata Tumarovas.
Gemeinsam ist all diesen Hödicke-Schülern unterschiedlicher Jahrgänge ein kraftvolles Arbeiten mit leuchtenden Farben. Das kann expressiv und abstrakt daherkommen wie bei Ina Lindemann oder im Wortsinn vielschichtig wie bei Helmut Middendorf. Reinhard Pods steuert das Nonkonforme, Eigenwillige des Spät-Wilden bei, währenddessen Jan Muche mit sehr durchkomponierten, von steiler Architektur inspirierten Arbeiten für sich einnimmt. Sie überstehen auch den Sprung von der Wand in den Raum schadlos: Seine filigranen Skulpturen sind eine schöne Ergänzung. Von Renata Tumarova sind sehr gelungene Großformate zu sehen, in denen sich eine eigentlich figurative Szenerie wie vom Winde verweht auflöst. Eine sehr sichere eigene Position in diesem Sextett behauptet Katrin Kampmann: Ihre Kombination aus psychedelischem Farbrausch und feinen, wie ausgeschnittenen und hineingesetzten Figuren ist genau das, was K.H. Hödicke gemeint haben muss mit seiner Aufforderung: „Mal so weiter!“