Kunst zu ersteigern: Auktion in der Kunsthalle Darmstadt

Kunst-Auktion in der Kunsthalle Darmstadt: Die Schau präsentiert, was am Sonntag unter dem Motto mit „Kunst für die Kunst“ unter den Hammer kommen soll. Darunter sind auch Arbeiten von renommierten Darmstädter Künstlern wie dem Bildhauer Matthias Will, oder den Fotografen Pavel Odvody (links) und Kris Scholz. Foto: André Hirtz   Foto: André Hirtz

Quod libet – das kommt aus dem Lateinischen und heißt – geschrieben in zwei Worten – einfach „Wie es beliebt“. Seit dem frühen 15. Jahrhundert gibt es dann das...

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DARMSTADT. Quod libet – das kommt aus dem Lateinischen und heißt – geschrieben in zwei Worten – einfach „Wie es beliebt“. Seit dem frühen 15. Jahrhundert gibt es dann das Quodlibet: „ein Musikstück, in dem Melodien kombiniert werden, die ursprünglich nichts miteinander zu tun haben“, wie es bei Wikipedia heißt.

Ein Quodlibet erster Ordnung ist demnach auch die unterm Motto „Mit Kunst für die Kunst“ angekündigte Versammlung von Werken noch unbekannter und bereits arrivierter Künstler, die in den nächsten Tagen in der Kunsthalle zu sehen ist. Wie wir berichtet haben, ist das Ziel dieser Schau, dass den jüngeren fünfzig Prozent aller Erlöse, die bei der abschließenden Versteigerung erzielt werden können, als Förderung zugute kommen sollen. In aller Regel hat deshalb jeder beteiligte Künstler einen Beitrag geleistet, der sozusagen eine geistige Visitenkarte des Urhebers ist. Wobei, wie so oft, die Bildhauerei gegenüber der Malerei numerisch das Nachsehen hat.

„Ich habe erst gar nicht versucht, alles auf Harmonie zu hängen“, verrät Kunsthallen-Direktor Léon Krempel denn auch. Was aber mitnichten heißt, dass nun in der Präsentation allerorten eine visuelle Völkerschlacht tobt zwischen Techniken und Stilen, Generationen und Temperamenten. Manchmal scheint sich sogar aus Zufallsnachbarschaften ein ironischer Dialog zu entzünden.

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Komplizen im Schwarzweiß sind beispielsweise Radenko Milak und Florian Heinke. Milaks getuschtes Kennedy-Porträt mit dem berühmten Berliner-Bekenntnis in einer Sprechblase und einem übergroßen Exemplar der Schmalzbackware ist ein reizvoller Identifikations-Konflikt. Daneben beißt auf einem ganz in Graustufen gehaltenen Acrylgemälde Heinkes eine an Romy Schneider erinnernde zeitgenössische Eva in etwas Rundes: Apfel oder doch Kräppel? Der in Fraktur eingefügte Titel „Der faule Biss“ behält die Antwort für sich.

Investitionen in die Zukunft

Der Rundgang durch 41 Stationen wartet mit manch weiterem Fall auf, bei dem Werke sich gegenseitig zuzuwinken scheinen – ob es nun Beispiele von vielschichtiger Farbfeldmalerei sind, von digital verfremdeter Stadtfotografie, von fantastischer Metamorphose und Mythologie oder von schwindlig verzerrter Architekturdarstellung. Was bekannte Darmstädter Namen betrifft, so trifft man, von Bredow und Bischoff über Duttenhoefer und Döring bis Winter und Will, auf die üblichen Verdächtigen. Ihnen allen darf man bescheinigen, sich – womöglich zum Missvergnügen ihrer Galeristen – mit einem lockend niedrigen Startgebot in die Auktion nächsten Sonntag zu begeben.

Freilich kommt die Förderung der Newcomer auch hier noch direkter bei diesen an, wenn man gleich eines ihrer Werke erwirbt. Quodlibet – ja, wie beliebt es denn nun? Lässt man das Spekulieren auf mögliche Karrieresprünge und Wertvervielfachung einmal außen vor, wird der Interessent hier nach anderen Faktoren entscheiden. In puncto Verblüffungseffekt beispielsweise rennt Mia Bencuns rätselhaftes Keramik-Bodenobjekt „Cuttlefish No.4“ mit dem Irisieren seiner glatten Oberfläche der Konkurrenz davon.

An der heimischen Wand viel hermachen werden dagegen die hochformatige digitale Fotocollage „Black Drawing“ der unterm Pseudonym „Karwath + Todisko“ auftretenden Künstlerin ebenso wie die mit schwingenden Formen in zart-kühlem Kolorit gefüllte Leinwand von Harm Gerdes. Beides sind Arbeiten, die zwischen Fläche und Räumlichkeit changieren. Und wer auf Nummer sicher gehen und nur bei einem Werk zuschlagen will, in das überprüfbar viel Sorgfalt, Zeit und Liebe geflossen sind, der wäre mit Dina Rautenbergs per Nähmaschine auf samtschwarzen Stoff fixiertem Riesenkäfer ebenso gut beraten wie mit Karla Hönings Porträt in Öl eines Goth-Girls, das trotz stachelbewehrter schwarzer Lederjacke so dreinschaut, als könne es jeden Moment in Tränen ausbrechen.