Nichts verdübelt, nichts verleimt: Holzbildhauer Paul Hirsch schneidet seine Skulpturen mit der Motorsäge aus einem Stück Stamm heraus. Foto: Dirk Zengel
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DARMSTADT - Denkt man an zeitgenössische deutsche Holzbildhauerei, fallen einem als erstes Stephan Balkenhols farbig gefasste Arbeiten als Beispiele einer figürlichen Tradition ein. Parallel dazu jedoch gibt es eine lebendige Szene der abstrakten Holzskulptur. Dort ist der Platz von Paul Hirsch. Bereits der Blick durch die lange Schaufensterfront des ehemaligen Ausstattungshauses in der Dieburger Straße lässt seinen spezifischen künstlerischen Ansatz erkennen: Aufgesockelt sind auf vertrackte Weise ineinander verhakte Rechtecks- und Dreieckselemente aus maserungsarm heller Linde, die bei intensiverem Studium damit verblüffen, dass da nichts verdübelt oder verleimt ist; noch die waghalsigsten Kombinationen stellen sich als herausgeschnitten aus einem gemeinsamen Stück Stamm heraus. Werkzeug der Wahl ist die Motorsäge, deren hohe Drehzahl Hirsch genügt, um die gewünschte Oberflächenglätte zu erzeugen. Was nicht heißt, dass die geometrischen Elemente einer mathematischen Exaktheit folgen. Rechte Winkel wie aus dem Lehrbuch oder Kanten, so glatt wie mit dem Lineal gezogen, wird man vergeblich suchen. Zu keiner Zeit leugnet Paul Hirsch, dass wir es mit einem natürlich gewachsenen Werkstoff zu schaffen haben - sogar dass hier und da Astknorren, Trocknungsrisse, dichte Faserbürsten der dunkleren Splintschicht des Holzes stehen bleiben, scheint ihm ein Herzensanliegen zu sein.
Wie ein geschmiedetes Schloss aus uralter Zeit
Um den wohl wesentlichsten Punkt dieser Ausstellung herauszufinden, sollte man nicht zögern, mit ihrem Urheber einen Separattermin zu vereinbaren. Dann nämlich gewinnt der Betrachter anhand der im Galerie-Inneren gehängten Wandobjekte mit ihren rippen-, gitter- und wabenartigen Einschnitten nicht nur eine Idee davon, wie Hirsch noch vor zwei, drei Jahren arbeitete. Sondern er darf selbst Hand anlegen und die kubischen Elemente der neueren Werke gegeneinander verschieben und verdrehen. Als hantiere er an einem wuchtig geschmiedeten Schloss aus uralter Zeit herum. Mit aller gebotenen Behutsamkeit - das Holz meldet einem schon, wo die Interaktion ihre Grenzen hat. "Same same but different": der Ausstellungstitel verrät sich als Hinweis auf die diversen Variationsmöglichkeiten.
Für Paul Hirsch, eigentlich in Philosophie promoviert und über deren Teilgebiet Ästhetik bei der Kunst gelandet, sind seine im Weiterstädter Atelier geschaffenen Skulpturen mehr als nur handwerkliche Herausforderungen, die Grenzen des Materials auszutesten. Gerade der in sich sehr schlüssigen jüngsten Serie liegt ein Konzept des "Wechselspiels von Identität und Flexibilität" zugrunde.
ÖFFNUNGSZEITEN
Die Ausstellung in der Fenstergalerie Will, Dieburger Straße 56, ist zu sehen bis 22. Juni, Freitag 19 bis 21 Uhr, Sonntag 15 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung: 0176-42028969. (rh)