Die 15 Aspiranten auf den Preis der Darmstädter Tage der Fotografie bringen das Thema „Skurrile Fluchten“ perfekt auf den Punkt, wie eine Ausstellung im Designhaus zeigt.
DARMSTADT. Die Auswahl war groß. Aus 320 Einsendungen von Bewerbern um den achten „Merck-Preis der Darmstädter Tage der Fotografie“ hat eine Fachjury vorigen Herbst „in zwei anstrengenden Tagen mit vielen Diskussionen“, so Jury-Mitglied Alexandra Lechner, Arbeiten von 15 Aspiranten für die Auszeichnung ausgewählt. Jetzt wird sie am Freitag bei der Eröffnungsveranstaltung der Fototage in der Centralstation vergeben – und erstmals wird es dabei nur einen Prämierten geben, der nun aber (statt mit 3000) mit 10 000 Euro, die wieder das Darmstädter Unternehmen Merck stiftet, für seine Leistung belohnt wird.
Die Entscheidung fällt erst kurz vor der Bekanntgabe, und sie könnte der sechsköpfigen Jury wieder schwerfallen, wie der Blick in die dazu gehörige Ausstellung zeigt. Denn im Designhaus ist Qualität versammelt, nun nicht mehr im Kleinformat der Einsendung, sondern in der Weise, wie die Fotografen ihre Arbeiten an der Wand sehen wollen: Auch die Präsentation ist ein Kriterium der Preisvergabe, zumal das Motto „Skurrile Fluchten – Humor in der Fotografie“ hier immer in Serien angegangen wird.
Die Themen, die hier zum Grinsen bringen, könnten unterschiedlicher nicht sein, aber alle kommen sowohl auf den fotografischen wie auf den witzigen oder sarkastischen Punkt. Um nur drei Beispiele zu nennen: Torsten Brinkmann geht von der Größe seiner Arbeiten wie von deren Themen her in die Vollen, denn er verballhornt weltberühmte Bilder, indem er die Situation nachstellt, die Figuren aber neu „einkleidet“, sie statt aufs Pferd auf einen alten Tisch setzt oder ihnen statt eines Helms einen Metallkanister über den Kopf stülpt. Frank Kunert dagegen zeigt absurde Architekturen, die er zuvor im Kleinformat selbst gebaut hatte – sein leerer Treppenaufzug mündet recht surrealistisch an einem offenen Fenster und würde jeden Senioren unerbittlich in die Tiefe befördern.
Das Befreiende des Lachens wird schließlich bei Nikita Teryoshins Szenerien von Waffen-Messen unmittelbar: So schlimm es ist, dass russische Bushaltestellen auf ihrer Rückseite mit Bildern ballernder Granatwerfer geschmückt sein können, so lustig ist es, wenn darunter menschliche Füße hervorlugen.
Von Annette Krämer-Alig