Samstag,
23.11.2019 - 00:00
2 min
Mord am Sonntag: Dicke Bretter zu bohren

Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur/Politik/Wirtschaft Wiesbaden
WIESBADEN - Auf der Alm, da gibt‘s ka Sünd‘? Von wegen: Der Juniorchef eines Holzunternehmens wird vermisst. Und da sein Vater ein Spezi des Wiener Polizeipräsidenten ist, schickt der Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) in ein einsames Bergdorf nach Kärnten.
Dort hat sich der Vermisstenfall mittlerweile zu einem Mordfall entwickelt: Von Hubert Tribusser (Christoph von Friedl) ist nur noch ein Implantat aus seiner Schulter übrig – der Rest ist im Brennofen seiner Firma verbrannt. Während Eisner sich durch die Modelleisenbahnlandschaftsidylle grantelt, trifft er unverhofft auf eine alte Männerfreundschaft: Auch Kollege Alois Feining (Karl Fischer) hat es ins urige Mölltal verschlagen, als ortsansässiger Polizist unterstützt er die Kollegen. Oder hält es mit etwas hinter dem Berg? Das vermutet Bibi allmählich. Wenn er auch noch so schön mit Eisner im Duett Stones-Nummern singt.
Das ist nicht die einzige Überraschung des „Tatort: Baum fällt“ von den Wienern. Mit immer neuen, überraschenden Wendungen schaffen es Drehbuchschreiberin Agnes Pluch und Regisseur Nikolaus Leytner, über die komplette Zeit nicht nur die Spannung zu halten, sondern auch die Charaktere plastisch zu formen. Da ist der Bruder des Toten, der ihm die Position und den Schlag bei Frauen geneidet hat, dann ein militanter Naturschützer mit dem sinnigen Namen Holzer. Und da sind einige Kredite, die der reiche Hallodri vor seinem Tod wohl bei den unter seinem Expansionsdrang leidenden Dorfbewohnern eintreiben wollte. Bei so vielen Tatverdächtigen sieht man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr – gut, dass die Regie immer mal wieder für einen Rückblick sorgt.
Dicke Bretter also, die Bibi und Eisner in diesem Fall bohren müssen – bis der „Baum fällt“, so der Warnruf der Waldarbeiter. Und die Zuschauer erleben dabei auch einen visuellen Kurzurlaub in eine Region, die sich hier auch dezent für eine Reise empfiehlt. Samt Interieurs, wie man sie in dieser Ansammlung eines Materials noch nie gesehen hat: Holz.