Die Ausstellung „Alix und Ella“ erzählt die Biografien der Darmstädter Prinzessinnen die zu Zarin und Großfürstin wurden

Alena und Denis Subodin haben die Ausstellung über die Darmstädter Prinzessinnen Alix und Ella gestaltet, die zur letzten Zarin und zur Großfürstin in Russland wurden. Diese ist im Designzentrum zu sehen. Foto: Andreas Kelm Foto: Andreas Kelm
DARMSTADT - Geschichte ist immer eine Mischung: Zu Fakten wie Jahreszahlen oder Stätten historischer Ereignisse gesellt sich die Erklärung, und diese kann je nach Betrachtungsweise unterschiedlich ausfallen. Ein Beispiel dafür liefert die informative kleine Schau „Alix und Ella“ im Darmstädter Designhaus.
Erzählt wird die Lebensgeschichten der letzten Zarin Alexandra (1872 - 1918), die als Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt zur Welt kam, und ihrer Schwester, der Großfürstin Jelisaweta Fjodorowna (1864 - 1918, geborene Elisabeth, genannt „Ella“). Ihre Biografien werden mit Schautafeln, Reproduktionen wenig bekannter historischer Fotografien aus Archiven und wenigen Originalexponate (von der Postkarte der Russischen Kapelle aus den Jahren um 1900 bis zum Titelblatt einer französischen Zeitschrift von 1906) freilich nicht nur aus deutscher Sicht dargestellt, in der die Bewunderung der beiden schönen Frauen mit den tragischen Schicksalen fast Boulevardblatt-Qualitäten besitzt. Der Besucher lernt zugleich die aktuelle russische Einschätzung der beiden kennen.
Dieser Blick ist politisch und religiös geprägt. Denn die 1918 im Zuge der russischen Revolution ermordete Zarenfamilie und die im gleichen Jahr aus den gleichen politischen Gründen getötete Großfürstin wurden nach dem Ende der Sowjetunion zu russisch-orthodoxen Heiligen erklärt; sie werden heute dort im ganzen Land verehrt, woran die „Alix und Ella“ gewidmete Ausstellung erinnert.
BENEFIZKONZERT ERINNERT AN „ELLA“
Im Rahmen der „Zarentage 1918 bis 2018“ laden die Kaiserliche Orthodoxe Palästina-Gesellschaft in Darmstadt, der Förder- und Kulturverein „Heilige Neo-Märtyrerinnen Elisabeth und Alexandra“ sowie die Russische Kapelle am Mittwoch, 18. Juli, dem Todestag von Prinzessin Ella von Hessen-Darmstadt, zu einem Benefizkonzert in die Darmstädter Kirche St. Elisabeth, Schlossgartenstraße 57, ein.
Der Kirchenchor der Russischen Kapelle und Instrumentalmusiker präsentieren Musik von Gounod, Tschaikowski, Rachmaninow, Kramskoi sowie kirchliche Gesänge und Lieder aus verschiedenen Ländern.
Beginn ist – zur Erinnerung an die Ermordung der Großfürstin in Alapajewsk am 18. Juli 1918 – um 19.18 Uhr. (aka)
Der Kirchenchor der Russischen Kapelle und Instrumentalmusiker präsentieren Musik von Gounod, Tschaikowski, Rachmaninow, Kramskoi sowie kirchliche Gesänge und Lieder aus verschiedenen Ländern.
Beginn ist – zur Erinnerung an die Ermordung der Großfürstin in Alapajewsk am 18. Juli 1918 – um 19.18 Uhr. (aka)
Diese ist Teil der „Zarentage 1918 bis 2018“: einer Veranstaltungsreihe, mit der die Kaiserlich Orthodoxe Palästina-Gesellschaft in Darmstadt in Abstimmung mit der hiesigen russisch-orthodoxen Gemeinde an die Morde vor 100 Jahren und die Heiligsprechungen erinnern will. Man wolle dabei zugleich auch Brücken zwischen der aktuellen Zaren-Verehrung in Russland und dem modernen Darmstadt schlagen, sagt Denis Sudobin, der Vorsitzende dieser Kaiserlich Orthodoxen Palästina-Gesellschaft: „Die Verbindungen waren einst gut, und wir arbeiten daran, solche Beziehungen mit kulturellen Ereignissen wiederherzustellen.
Zusammen mit seiner Frau Alena hat er die Lebensgeschichten von Alix und Ella in zwei Räumen zusammengestellt. Im dritten Raum sind völkerverbindende Videos zu sehen, beispielsweise über die Sanierung der Russischen Kapelle vor wenigen Jahren. Zuerst lernt man in Worten und Fotografien die Zarin Alexandra als Baby Alix kennen. Über sie schreibt die Mutter, Großherzogin Alice, an ihre Mutter, die englische Queen Victoria: „Sie ist eine süße, fröhliche Person, immer lachend.“ Diese Fröhlichkeit wird von Alix’ Leben zerstört werden. Die junge Schöne verliebt sich in den Zaren Nikolaus II. (1868 - 1918), beide heiraten 1894 in Moskau, es kommen die fünf Kinder, der Erste Weltkrieg, Revolution und Tod.
Aber es gibt bis zum Kriegsausbruch 1914 eben auch den (in der Ausstellung exzellent dokumentierten) engen Kontakt zu den Geschwistern sowie viele Besuche in Darmstadt, wo der Bruder, Großherzog Ernst Ludwig, lebt. 1897 bis 1899 wird auf der Mathildenhöhe die „Russische Kapelle“ nach Plänen des Petersburger Architekten Léon N. Benois für die kaiserliche Familie erbaut.
Auch Ellas Leben lässt sich in solchen sehr privaten Aufnahmen sowohl aus Darmstadt, als auch aus Russland verfolgen. Sie hatte sich in ihren Mann, den Großfürsten Sergej Alexandrowitsch, bei einem Besuch des Russen im Jugenheimer Schloss Heiligenberg verliebt. Geheiratet wurde 1894 in St. Petersburg. Doch bereits 1905 wurde Sergei Opfer eines Attentats, worauf Ella als Oberin in das Martha-und-Maria-Kloster der Barmherzigkeit in Moskau eintrat. Dort widmete sie sich bis zu ihrer Verhaftung 1918 der Armen- und Krankenpflege.
Bei Sergej und Ella schließt sich ein weiterer Kreis zum heutigen Darmstadt. Sie waren die ersten Präsidenten der Kaiserlich Orthodoxen Palästina-Gesellschaft, die 1882 auf Anregung von Wassili Nikolajewitsch Chitrowo gegründet wurde, nachdem im Jahr zuvor Sergei eine Pilgerreise ins Heilige Land unternommen hatte. Die Gesellschaft hat die Sowjet-Revolution als Verein außerhalb Russlands überlebt. Ihr Darmstädter Ableger wurde erst vor einem Jahr von Denis Sudobin gegründet.