"Sicario 2"

Draußen herrscht Krieg: Die Agenten Matt (Josh Brolin, von links) und Steve (Jeffrey Donovan) sowie Söldner Alejandro (Benicio del Toro) bereiten sich auf den Einsatz vor. Foto: Studiocanal
Die Story wirkt, als hätte Stephen Bannon sie im Wahlkampf für Donald Trump aufgeschrieben, damit der seine Mauer gegen Migranten kriegt: Kriminelle Kartelle aus dem Süden machen mittlerweile mehr Geld mit Menschen- als mit Drogenschmuggel. Dabei steht die mexikanische Polizei ebenso auf ihrer Gehaltsliste wie Latino-Exilanten in den USA. Besonders lukrativ muss es sein, islamistische Terroristen in die USA zu schleusen. Als Selbstmordattentäter in einem amerikanischen Supermarkt ihre Bomben zünden, führt die Spur zurück über Mexiko nach Somalia.
Das ist Stoff für einen spekulativen B-Thriller. Nicht schlecht, aber auch nicht originell. Das Einzige, was wirklich stört, ist der Titel: "Sicario 2" des italienischen Regisseurs Stephano Sollima bietet zwar zwei Hauptfiguren aus dem Original von Denis Villeneuve, bleibt sonst aber alles schuldig, was den Vorgänger so herausragend machte.
Der Horrorkriegskrimi "Sicario" war vor drei Jahren ein Meisterwerk der elementaren Verunsicherung: Staatsbürger in Uniform müssen ihre Grundsätze verraten, um im Kampf gegen das Verbrechen mithalten zu können - eine erschütternde Lektion in Demokratie-Defätismus. Auf eine Wirkung jenseits der Action verschwendet die Fortsetzung nun keinerlei Energie.
Autor Taylor Sheridan zeigt jetzt wie damals, dass der Staat in einem asymmetrischen Krieg mit den Waffen des Gegners dagegenhalten muss. Ein somalischer Pirat glaubt anfangs nicht an die Drohungen der Amerikaner: "Ihr habt zu viele Gesetze." Im nächsten Moment wird das Haus seiner Familie von einer Lenkwaffe zerstört.
Was in "Sicario" zersetzend ins Bewusstsein der Figuren sickerte, ist jetzt bloß zynische Routine. Geheimdienstmann Matt Graver plant eine paramilitärische Mission gegen die Kartelle, die sich in der Folge selbst bekämpfen sollen. Dazu braucht er wieder den unverwüstlichen Söldner Alejandro. Josh Brolin malmt ausdauernd mit dem Kiefer, Benicio del Toro setzt als Rächer vom Dienst wieder seinen Raubtierblick auf.
Zusammen kidnappen sie die halbwüchsige Tochter eines Drogenbarons, der im Laufe der Handlung fast so übel mitgespielt wird wie ihrem Bewacher und Beschützer Alejandro. Der Schrecken schweißt die beiden wie Vater und Tochter zusammen. Im Sicario, dem Auftragskiller, steckt offenbar ein Sozialarbeiter.
Während die Amerikaner ihre Geisel durch die Gegend fahren und sie dabei verlieren, kassiert der Film seine dramaturgische Prämisse wieder ein. Das "Narrativ" habe sich geändert, konstatiert eine Geheimdienstfrau lakonisch. Diese abrupte Änderung der Erzählung wirkt so lieblos wie beliebig.
Plötzlich geht es nicht mehr um Terror, sondern nur noch um Benicio del Toro als Mann, der seine Familie verloren hat und sich nun mit der Prinzessin des Kartells und einem jungen Handlanger des Bösen herumschlagen muss. Dabei leitet "Sicario 2" schon zu einem möglichen Teil drei über und bietet - ganz anders als das nihilistische Original - eine erstaunlich freundliche Perspektive: Im Kampf gegen das Verbrechen kommt es auf die Jugendarbeit an.