Spiegelungen auf Bergseen

Brexit, Populismus und Kurzgeschichten. Der Verein „Projekt Wasserturm“ öffnete das denkmalgeschützte Gebäude für zwei Kulturveranstaltungen. Zum einen hatte eine...

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MÖRFELDEN. Brexit, Populismus und Kurzgeschichten. Der Verein „Projekt Wasserturm“ öffnete das denkmalgeschützte Gebäude für zwei Kulturveranstaltungen. Zum einen hatte eine Ausstellung von Reiner Kemmler Vernissage, bevor tags darauf die kreative Schreibwerkstatt Prosa und Gedichte vorstellte.

Im Erdgeschoss präsentiert Reiner Kemmler abstrakte Bilder. Geht man die Treppen hoch, sieht man Gemälde, die Spiegelungen auf Bergseen und Teichen einfangen. Die Landschaften der Umgebungen sind lediglich verschwommen und verzerrt zu erkennen. Zusammengefasst ist die zweigeteilte Ausstellung unter dem Titel „Reflektionen – vom Wahrnehmen und Erkennen“.

Den Begriff der Reflexion griff der Künstler wegen seiner doppelten Bedeutungen auf. Einmal ist die Widerspiegelung angesprochen, zusätzlich geht es Reiner Kemmler um das Nachdenken über Gesellschaft. Angesichts der aktuellen politischen Lage sei dies besonders angesagt, betonte der Maler bei der Eröffnung.

Den Brexit etwa verarbeitete er in einem von Grautönen dominierten Bild. Collagenartig ist ein Foto britischer Nationalisten eingebaut, die auf dem Weg zur Stimmabgabe sind. Die graue Grundstimmung fängt die Ungewissheit ein, der sich Europa und Großbritannien gegenübersehen. Das Bild wirkt nebulös und zerrissen. Andere Werke beschäftigen sich mit Populismus, Religion und Ethik. Eine abstrakte Serie greift das Leben auf dem Land, in der Stadt und auf See auf.

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Wasser spielte nicht nur in diesem Werk eine Rolle. Bei der Vernissage brachte Anja Böttiger-Balek Klangschalen und Oceandrum zum Klingen. Meeresrauschen und Wellengetöse hörte man auch im Rahmen der Lesung. Verstärkung bekam die Musikerin von Astrid Marion Grünling, die die Harfe zupfte.

Auszüge aus 50-seitigem Gedicht

Neben der stimmungsvollen Musik hörten die Besucher eine abwechslungsreiche Lesung der Schreibwerkstatt. Ihr Leiter Siggi Liersch stellte Auszüge eines 50-seitigen Gedichts vor, für das Rolf Dieter Brinkmanns „Vanille“ die Inspiration lieferte. Stefan Großmann griff die auf der Hand liegenden Themen Hitze und Durst auf. Außerdem erzählte er von einem Ried-Riesen.

Claudia Rügners Kurzgeschichte handelte von einem Lehrer, der eines Morgens seine Stimme verlor und nur noch zu sinnlosem Geplapper fähig war. Uschi Rensonet schilderte eine Verwechslungsgeschichte um einen verwirrten Hund. Ihre schönsten Babysittererlebnisse und Kindergeschichten hatte Lisa Neumann in einer Geschichte vereint.

Wer den Wasserturm und die Ausstellung von Reiner Kemmler besuchen möchte, hat dazu noch bis Sonntag, 9. Juli, Gelegenheit. Samstags und sonntags ist der Turm zwischen 15 und 18 Uhr geöffnet. Außerdem ist am letzten Ausstellungstag eine Finissage um 19 Uhr angesetzt.

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Von Sebastian Schwappacher