Die Arbeit der Anfang Februar gegründeten Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Rhein-Main nimmt Fahrt auf. Spätestens im Sommer soll die Ausschreibung des forsttechnischen...
KREIS GROSS-GERAU. Die Arbeit der Anfang Februar gegründeten Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Rhein-Main nimmt Fahrt auf. Spätestens im Sommer soll die Ausschreibung des forsttechnischen Betriebs auf den Weg gebracht werden. „Aufgrund der Größe werden wir europaweit ausschreiben müssen“, sagt Reinhard Ebert. Der Leiter des Rüsselsheimer Umweltamts ist der stellvertretende Vorsitzende der FBG, zu der sich die Städte Rüsselsheim, Raunheim und Groß-Gerau sowie die Gemeinde Büttelborn zusammengeschlossen haben. Gemeinsam können sie knapp 2000 Hektar Wald in die Waagschale werfen. Außerdem haben sich schon einige private Waldbesitzer der FBG angeschlossen.
Planungssicherheit durch langfristigen Vertrag
In Rüsselsheim und Raunheim läuft der Vertrag mit dem bisherigen Dienstleister Hessen-Forst Ende 2017 aus. Groß-Gerau und Büttelborn sind vertraglich noch ein Jahr länger gebunden. „Wir müssen schauen, ob wir vorzeitig wechseln können, um parallel mit Rüsselsheim und Raunheim zu starten“, erklärt Büttelborns Bürgermeister Andreas Rotzinger (CDU), den die FBG im Januar zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat. Angestrebt werde ein langfristiger Vertrag, damit beide Seiten Planungssicherheit hätten. Der Antrag auf Genehmigung der FBG liegt derzeit bei der Oberen Forstbehörde beim Regierungspräsidium (RP) in Darmstadt, die auch die Fachaufsicht haben wird.
Dass es zur Abkehr von Hessen-Forst kommt, sieht Rotzinger in erster Linie mit einer geänderten Sicht auf den Wald in einer stark belasteten Region wie dem Rhein-Main-Gebiet begründet. Eine „Anti-Hessen-Forst-Haltung“ habe es nicht gegeben – wohl aber den Wunsch aus der Bevölkerung, die Erholungsfunktion des Waldes stärker zu gewichten. Und bei einigen Empfehlungen des bisherigen Dienstleisters habe dann doch der forstwirtschaftliche Nutzen zu sehr im Vordergrund gestanden.
Mit der Frage, wie sich der Gemeindewald entwickeln soll, beschäftigt sich in Büttelborn derzeit eine eigens einberufene Waldkommission. „Ich finde es toll, dass die Kommunen den Ball aufgenommen haben und sich so intensiv mit dem Thema auseinandersetzen“, sagt Ebert, der sich seit Langem für eine alternative Beförsterung einsetzt. Nicht der Wirtschaftsbetrieb, sondern die Naherholung (samt sicherem Wegenetz), der Erhalt des Waldes und der Naturschutz sollen im Vordergrund stehen.
Zugleich will Ebert die Öffentlichkeit für den Wald sensibilisieren. In Rüsselsheim etwa bestehe die Gemarkung zu 42 Prozent aus Wald. Hier vermag er sich Infotafeln vorzustellen. Büttelborn plant gar einen Waldlehrpfad, der möglichst in die Regionalparkroute eingebunden werden soll.
„Wir wollen zeigen, dass man bei der Bewirtschaftung andere Wege gehen kann“, betont Ebert. In sensiblen Bereichen könne man beispielsweise Rückepferde einsetzen, statt mit großen Maschinen reinzugehen. Eine romantisch verklärte Rückkehr zu einer Forstwirtschaft wie zu Kaisers Zeiten wird es jedoch nicht geben. Da ist Ebert Realist. „Wir werden auch Maschinen brauchen, das ist ganz klar.“ Bei Veranstaltungen für die Bevölkerung will er sanftere Bewirtschaftungsformen vorstellen. Auch Brennholzselbstwerber könnten eine wichtige Rolle spielen. „In Rüsselsheim haben wir davon 250 bis 300. Von ihnen bekommen wir nicht nur einen Kostendeckungsbeitrag, sie räumen auch die Bestände auf. Das ist richtig Handarbeit.“
Ebert räumt ein, dass die von ihm angestrebte Bewirtschaftung etwas teurer als die herkömmliche sei. Über Fördergelder für die Herausnahme von Wäldern aus der Bewirtschaftung und den möglichen Verkauf von Öko-Punkten lasse sich das aber kompensieren. Andreas Rotzinger hofft zudem auf einen Landeszuschuss von 100 000 Euro für das Projekt im Rahmen der Interkommunalen Zusammenarbeit. Ebert gibt außerdem zu bedenken, dass Hessen--Forst seine Preise anheben wolle. Zahle Rüsselsheim derzeit von 29 700 Euro für die Beförsterung, sollten es 2024 schon 40 900 Euro sein.
Rotzinger und Ebert hoffen, weitere Privatwaldbesitzer ins Boot zu holen. Ihnen könne die FBG mit ihrer Expertise beratend zur Seite stehen und beim Thema Verkehrssicherheit helfen. Offen steht die FBG aber auch anderen Kommunen – und das über Kreisgrenzen hinweg.