Die Fratze des Fanatismus

Gross Gerau, 23.06.2017,  Krimilesung der "Tod im Turm" Lesereihe der Kreis-VHS, mit Gerd Fischer, der aus seinem Roman "Einzige Liebe" liest, Foto: Alexander Heimann / Vollformat  Fotografie Dziemballa Heimann UG, Schäfergasse 5,  65428 R`heim, Fon 0177-5626350, Bankverbindung Kreissparkasse Gross Gerau BLZ. 50852553 , KTO. 16003352. Alle Honorare zzgl. 7% MwSt. Steuer NR: 02137830174  Foto: Alexander Heimann / Vollformat  Fotografie Dziemballa Heimann UG, Schäfergasse 5,  65428 R`heim, Fon 0177-5626350, Bankverbindung Kreissparkasse Gross Gerau BLZ. 50852553 , KTO. 16003352. Alle Honorare zzgl. 7% MwSt. Steuer NR: 02137830174
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Zwei Frankfurter Krimiautoren waren Gast im Schloss Dornberg: Der eine entführte in die emotionsgeladene Fußballwelt rund ums Frankfurter Waldstadion, der andere lud zur...

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GROSS-GERAU. Zwei Frankfurter Krimiautoren waren Gast im Schloss Dornberg: Der eine entführte in die emotionsgeladene Fußballwelt rund ums Frankfurter Waldstadion, der andere lud zur Zeitreise zurück in die von Terrorismus überschatteten siebziger Jahre ein: Damit gab es bei der jüngsten Lesung der Reihe „Tod im Turm“ Einblick in zwei sehr verschieden angelegte Kriminalromane, wobei in beiden die Fratze des Fanatismus aufblitzt. Heinrich Krobbach, Leiter der Kreisvolkshochschule (KVHS), hatte Gerd Fischer und Marc Rybicki, der seine Krimis unter dem Pseudonym Martin Olden veröffentlicht, eingeladen. Fischer, Politologe, Germanist und Kunstgeschichtler, veröffentlicht seine Romane seit 2006 im eigenen „Mainbook-Verlag“, in dessen Programm auch Martin Oldens Bücher vertreten sind.

Groß-Gerau-Krimi in Planung

Olden alias Rybicki ist Feuilletonjournalist, Besucher des Abends hatten jenseits der Lesung Gelegenheit, Fischer und Rybicki als Anleiter des Schreibkurses „Wir schreiben den Groß-Gerau-Krimi“ kennenzulernen. Literaturenthusiast Heinrich Krobbach hat diesen einjährigen Workshop ausbaldowert, in dem Krimileser nun selbst zur Feder greifen können und, assistiert von den Autoren, ihr eigenes Talent fürs Schreiben entdecken oder vervollkommnen können. Mit 30 bis 40 Teilnehmern, die in Kleingruppen arbeiten, soll das Projekt im Herbst an den Start gehen.

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Mit Gerd Fischers nachfolgender Lesung aus dem Buch „Einzige Liebe“ ging’s dann mittenhinein in die Fußballwelt und ins mitfiebernde Ambiente der Eintracht-Fans. Kommissar Rauscher, neben seiner Liebe zum Apfelwein und zur Eintracht, zudem seiner Kollegin Jana Kern, ebenfalls Fußballfan, emotional verbunden, hat es mit einem Mord am Rand eines Bundesliga-Spiels zu tun. Dem Täter auf der Spur, geht es auf dem schmalen Grad zwischen Fankultur und Fanatismus spannend zu. Extreme Gefühlslagen prallen nicht nur am Fußballfeld aufeinander, sondern kennzeichnen auch das private Umfeld des Opfers, eines jungen, zunächst eher harmlos geschilderten Eintracht-Fans. Manchem Zuhörer, der in der Fußballwelt weniger zuhause ist als der Autor – er kickte viele Jahre beim VFB Höchst/Nidder – mochte auch im literarischen Ambiente des Buches nicht ganz heimisch werden, fesselnd aber waren die Charaktere, die in Dialogen Schärfe gewannen, allemal.

Ganz anders Martin Olden. Er hatte Schlips und Jackett angelegt und hielt die Pfeife in der Hand, um den Typ seines Kommissars zu veranschaulichen: Kommissar Platow, dessen Name unwillkürlich an Platon denken lässt und damit das Philosophische der Hauptfigur antippt, ist aus Glauben an Gerechtigkeit und Menschlichkeit Polizist geworden. An beidem hält er fest, wiewohl die Realität – Frankfurt galt in den siebziger Jahren als Stadt mit der höchsten Kriminalitätsrate – Härte zu erfordern scheint. Platow bleibt abwägend, wird daher von Kollegen misstrauisch beäugt – nicht zuletzt aufgrund seiner Liebe zu einer Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF), die seine Ex-Verlobte ist: Platow verurteilt ihre Taten, doch nicht ihre Person. Zwecks eines inneren Dialogs hat Martin Olden dem eigenwilligen Kommissar eine Hündin namens „Abba“ zur Seite gestellt: Der Leser kann sie denken hören. Olden las sehr eindrücklich aus seinem Buch, indem er stimmlich grandios variierend die unterschiedlichen Charaktere herausstrich.