Gut fünf Jahre ist es her, dass das Thema Erdöl im Ried im Mittelpunkt stand. Nun könnte es bald wieder soweit sein: Die Heidelberger Firma Rhein Petroleum will alte...
STOCKSTADT. Gut fünf Jahre ist es her, dass das Thema Erdöl im Ried im Mittelpunkt stand. Nun könnte es bald wieder soweit sein: Die Heidelberger Firma Rhein Petroleum will alte Ölfelder erneut angehen, die schon als „ausgefördert“ galten. In Goddelau wird deshalb bereits probeweise Öl gefördert. Dass das bald auch in Stockstadt so sein könnte, war Thema einer Bürgerversammlung am Dienstag.
Spezialfahrzeuge der Firma Rhein Petroleum befuhren vor fünf Jahren das Ried und sandten Schwingungen in den Untergrund. Aus deren Widerhall ließ sich ein dreidimensionales Bild der Gesteinsschichten gewinnen.
Das Vorkommen, aus dem das Goddelauer Öl stammt, ist kein anderes als die Lagerstätte Kühkopf, deren „schwarzes Gold“ mehrere Jahrzehnte lang durch Bohrstellen auf Stockstädter Gemarkung ans Tageslicht kam. Die seismische Erkundung des Bodens ergab, dass sich dieses Feld viel weiter nach Norden erstreckt, als bis dahin angenommen. Carsten Reinhold, seit Juni Geschäftsführer der Rhein Petroleum, zeigte bei der Versammlung Karten zur Ausdehnung der Sandsteinschichten in gut 1000 Metern Tiefe, in deren Poren das Öl verborgen ist.
Acht Bohrungen hat die Firma inzwischen in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg „abgeteuft“, drei davon wurden fündig – eine normale Quote. Aus der Bohrung Schwarzbach auf Goddelauer Gebiet werden im Rahmen einer Testproduktion nun bis zu eineinhalb Tankwagen-Ladungen Öl pro Woche gefördert. Eine endgültige Förderbewilligung für 24 Jahre ist beantragt, nach dieser Zeit könnte etwa ein Drittel des gesamten Vorkommens gefördert sein. Auf herkömmliche Weise, betonte Reinhold, Fracking komme nicht zum Einsatz – und wäre auch für Sandstein gar nicht geeignet.
Auf Stockstädter Gemarkung hat die Firma ein Gelände etwas weiter südlich von der Gemeinde gepachtet, ebenfalls an der alten B44. Wegen der nötigen Planungs- und Genehmigungsschritte ist mit einer Bohrung dort erst 2019 zu rechnen. Dabei will die Firma nur zwei Drittel des Areals nutzen und den südlichen Teil stattdessen für eine Kleingartenanlage zur Verfügung stellen. Wie in Goddelau sollen – wenn bei der Bohrung Öl gefunden wird – auf dem Gelände eine Pumpe und ein Lagertank aufgestellt werden.
Rohstoff für die Pharmaindustrie
Dazu gehören noch Anlagen, um das emporkommende Öl je nach Jahreszeit zu erwärmen oder zu kühlen. Von den etwa 130 Grad an der Lagerstätte sinkt die Temperatur auf dem Weg nach oben ab bis auf etwa 25 Grad – bei Frost aber würde es in den Röhren anschließend zu kalt und zu dickflüssig, darum braucht es die Heizung. Von der Qualität her ist das Ried-Öl erstklassig: leicht und „süß“ – so nennen die Fachleute ein schwefelfreies Öl – und auch ohne Schwermetalle. „Das ist zu schade zum Verbrennen“, erklärte Reinhold, „eher wird es in der Chemie- und Pharmaindustrie benutzt.“
Der Geschäftsführer beantwortete auch kritische Fragen von Zuhörern. Etwa zu den Tankwagen, die das Öl von einer Stockstädter Bohrung abfahren würden: „Wenn es so gut läuft, wie wir es uns wünschen, könnten es bis zu zwei Wagen pro Tag sein.“ Die würden den schnellsten Weg zu Bundesstraße und Autobahn nehmen, durch den Ort führen sie nicht. Und entstünden durch die Förderung Hohlräume im Boden, die vielleicht einstürzen? „Nein, das Öl ist in den Poren des Sandsteins. Wenn wir es abpumpen, fließt Wasser nach, aber der Stein bleibt stabil.“
Und wenn die Förderung beendet ist? „Wir stellen unsere Bohrlöcher anschließend gerne für eine geothermische Nutzung zur Verfügung, wenn es Interessenten gibt.“ Über einen Wärmetauscher könnte dann also die Hitze aus der Tiefe nutzbar gemacht werden.
Von René Granacher