Am 16. Juli 2020 soll die neue Ariane-6-Rakete von Kourou in Französisch-Guayana aus ins All starten. Die Startrampe ist derzeit noch eine riesige Baustelle, auf der mehr als...
KOUROU. Am 16. Juli 2020 soll die neue Ariane-6-Rakete von Kourou in Französisch-Guayana aus ins All starten. Die Startrampe ist derzeit noch eine riesige Baustelle, auf der mehr als 500 Arbeiter, Techniker und Ingenieure arbeiten. Die Trägerrakete soll Europa konkurrenzfähig machen. Die Zeit drängt: Nächste Woche, am 6. Februar, will SpaceX, das Unternehmen von Elon Musk, eine Falcon-Heavy-Rakete von Cape Kennedy aus starten. Sie ist 70 Meter hoch und gilt als schubstärkste Rakete der Welt. Und sie ist - im Unterschied zur Ariane 6 - wiederverwendbar.
"Milliardäre können es sich leisten, gewisse Risiken einzugehen", sagt Daniel Neuenschwander, ESA-Direktor für Raumfahrzeugträger in Kourou mit Blick auf die Konkurrenz. "Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir mit Steuergeldern arbeiten." Er gibt zu, dass die Wiederverwendbarkeit in der Raumfahrt künftig eine große Rolle spielen wird. "Das ist klar, die Frage ist nur, wann - und mit welcher Amplitude."
Produktion wurde automatisiert
Der ESA-Ministerrat hatte 2014 die Weichen für den Bau der Ariane 6 beschlossen. "Damals hatten wir in Europa die Technologien nicht, um in einer sehr kurzen Periode eine neue Rakete entwickeln zu können", erklärt Neuenschwander. Die Ariane 6 sei nur deshalb bereits 2020 startbereit, weil bei ihr zu einem großen Teil auf Techniken gesetzt wurde, die sich in den Vorgängermodellen bewährt haben. "Angesichts der weltweiten Konkurrenz sind wir gezwungen, die Kosten zu senken", so Neuenschwander. Der Start einer Ariane 5 kostet um die 150 Millionen Euro, die russische Sojus ist zwar kleiner, dafür aber bereits für 70 Millionen Euro zu haben. Bei der Produktion der Ariane 6 werden viele Prozesse automatisiert. Und es werden moderne Herstellungsverfahren genutzt. Neu ist auch, dass mehrere Raketen gleichzeitig produziert werden können. Zudem werden die Raketen auf dem Gelände des Weltraumbahnhofs horizontal und nicht mehr vertikal zusammengebaut. Sie lassen sich so schneller und leichter montieren. Die Startkosten sind damit etwa im Vergleich zur Ariane 5 um die Hälfte günstiger.
Die Ariane 6 ist zudem flexibler, was Transporte ins All angeht. Es gibt eine Variante mit zwei Feststoff-Boostern (Ariane 62) und die schwerere Variante mit vier Boostern und einer gewaltigen Schubkraft. "Der Schub, den die Ariane 64 beim Start entwickelt, entspricht der Leistung von 200 Airbussen, die auf der Rollbahn alle gleichzeitig Gas geben", erklärt Neuenschwander. Die Oberstufe mit dem Vinci-Triebwerk lässt sich außerdem mehrmals zünden. Mit der Ariane-5ES-Variante - mit ihr werden die europäischen Galileo-Satelliten ins All gebracht - war dies nur in Ansätzen möglich. Die Ariane 6 kann hingegen verschiedene Nutzlasten in unterschiedliche Umlaufbahnen transportieren. Ein großer Vorteil, geht doch der Trend hin zu kleineren Satelliten und Satelliten-Konstellationen, die das Internet in jeden Winkel der Erde bringen wollen. Pläne dazu gibt es etwa von One Web, SpaceX und Samsung. Die Ariane 6 bietet sich dafür an.
Das Thema Wiederverwertbarkeit ist mit der Ariane 6 für Europas Raumfahrt nicht vom Tisch. "Wir sind dabei, die Kompetenzen aufzubauen", sagt Neuenschwander. Die Ariane Group, ein Joint Venture von Airbus und Safran, ist von der ESA beauftragt worden, ein recyclebares Triebwerk zu entwickeln. "Prometheus" verbrennt Flüssigsauerstoff und Methan und soll zum Teil per 3D-Drucker hergestellt werden.