Von dpaWIESBADEN/BAD KÖNIG - Der Ruf nach einem Hundeführerschein wird nach dem Tod eines Babys in Bad König durch eine Beißattacke auch in Hessen wieder lauter. Fast jeder Hund, unabhängig von Rasse oder Größe, könne unter bestimmten Voraussetzungen eine Gefahr darstellen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, am Freitag in Wiesbaden. Deshalb unterstützte die SPD die Forderung der Landestierschutzbeauftragten nach Einführung eines Hundeführerscheins.
Der sieben Monate alte Junge war von dem Hund der Familie durch einen Biss in den Kopf getötet worden. Zur Liste der gefährlichen Hunde gehört in Hessen auch der Staffordshire-Terrier. Als Kampfhund registriert war er bei der südhessischen Stadt jedoch nicht. Ob er schon einmal aufgefallen ist, steht bislang noch nicht fest. Nach der tödlichen Hundebissattacke in Bad König und wenigen Tagen zuvor einem ähnlichen Fall in Hannover fordert mittlerweile auch die Deutsche Kinderhilfe die bundesweite Einführung eines Hundeführerscheins.
Die Fachwelt sei sich einig, dass die überwiegende Zahl von Problemen mit Hunden im Freien oder in den eigenen vier Wänden aus Unwissenheit oder Versäumnissen der Hundehalter entstünden, erklärte Rudolph. Die SPD sei daher bereits seit 2013 der Auffassung, dass ein Hundeführerschein notwendig und sinnvoll sei. Ein entsprechender Gesetzentwurf habe damals jedoch keine parlamentarische Mehrheit bekommen.
Liste der gefährlichen Hunderassen kontinuierlich überprüfen
Auch die Tierschutzexpertin der Linken-Fraktion, Gabi Faulhaber, betonte, nur ein auf die Sachkunde des Halters ausgerichteter Maßnahmenkatalog könne die Gefahr von Beißvorfällen wirklich minimieren. Dazu sollte eine Pflicht auf eine umfassende Fachberatung vor der Anschaffung eines Hundes genauso gehören wie eine Registrierungspflicht für Hunde. Eine Rasseliste sei dagegen nicht geeignet, um vor Beißattacken zu schützen. Deswegen müsse eine solche Liste abgeschafft werden.
Der Kinderschutzexperte der Grünen-Fraktion, Marcus Bocklet, machte sich dafür stark, die Liste der Hunderassen, die als gefährlich gelten, kontinuierlich zu überprüfen. Die Rasse eines Hundes allein sei aber nur ein Merkmal für mögliche Aggressivität. Deshalb sollte darüber nachgedacht werden, wie alle Hunde etwa über eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht besser zu kontrollieren sind. Um die Hundehalter noch stärker in die Pflicht zu nehmen, sei eine verpflichtende Sachkundeschulung eine sinnvolle Möglichkeit.
CDU-Fraktion verweist auf Fraktionsvertrag
Der FDP-Innenexperte Wolfgang Greilich sagte dagegen, ein verpflichtender Sachkundenachweis schaffe lediglich Bürokratie und hätte auch den aktuellen tragischen Vorfall mit dem Baby in Bad König nicht verhindert. "Es ist lebensfremd, etwa Kindern das Ausführen von Hunden ohne sachkundige Erwachsene zu verbieten", sagte Greilich. "Und wie wäre denn der Spaziergang ohne Hundeführerschein zu werten? Ist das dann 'Schwarz-Gassigehen'?" Die FDP-Landtagsfraktion setzt statt "Regelungswut" auf freiwillige Teilnahme an Hundeführkursen.
Die CDU-Fraktion verwies auf den geltenden Koalitionsvertrag mit den Grünen. Darin sprechen sich die Bündnispartner zur Verbesserung der Sachkunde von Hundehaltern für eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Hunde aus. Zudem soll die Rasseliste, in der Hunderassen aufgeführt sind, die rassebedingt als gefährlich angesehen werden oder deren Gefährlichkeit vermutet wird, weiterhin überprüft und kontinuierlich weiterentwickelt werden.
Aufreger
Die Tierfreunde, die sich nun darüber aufregen, sollten bitte darüber nachdenken, dass es auch für die Hunde gut ist, wenn der Hundehalter versteht, wie man ihn artgerecht hält und wie man ihn als Rudelführer steuert.
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