Von Gabriele LermannBAD KÖNIG - Das Projekt Bürgerbus in Bad König rollt in diesen Tagen im Wortsinn an. Zur feierlichen Inbetriebnahme des als Rufbus zu nutzenden Angebotes am Samstagvormittag auf der Piazza kamen rund 100 interessierte Kurstädter. In Fahrt gebracht wurde das Projekt vom Verein Bürgerbus. Das Beförderungsangebot richtet sich an Senioren, mobilitätseingeschränkte Personen und Jugendliche bis 16 Jahren und startet offiziell am Donnerstag, 2. November.
Über den Werdegang dieser Sache von der Idee bis zur Realisierung sprach dessen Vereinsvorsitzender Klaus-Dieter Kuckuk: Wegen jährlich auflaufender Defizite mit ihrem Stadtbusbetrieb hatten Bad Königs Stadtverordnete vor wenigen Jahren beschlossen, dessen Betrieb zum Jahresende 2015 einzustellen. Weil dies viele selbst kaum mobile Bürger empörte oder zumindest ratlos machte, reagierte der örtliche Sozialverband VdK mit einer Unterschriftensammlung für einen Fortbetrieb dieses Angebotes oder für einen Ersatz. So kamen mehr als 1200 Unterschriften zusammen.
- NEUN SITZE, PLATZ AUCH FÜR ROLLSTUHL
Seine ersten Fahrten im regulären Betrieb wird der Bad Königer Bürgerbus am Donnerstag, 2. November, drehen. Der Abhol- und Bringservice ist jeweils dienstags und donnerstags (außer an Feiertagen) zwischen 8 und 18 Uhr möglich; das Angebot richtet sich hauptsächlich an Bürger, die aufgrund von Alter oder Gesundheit mobilitätseingeschränkt sind.
Die Beförderung ist kostenfrei, die Fahrer sind ehrenamtlich im Einsatz. Angesteuert werden Adressen in der Kernstadt und in den Stadtteilen. Wer mitfahren möchte, muss dies am Vortag bis spätestens 16 Uhr telefonisch anmelden bei der Servicenummer 06061-97 99 77.
Der Bus hat neun Sitze und bietet Stauraum für Rollator, Einkauf oder einen Rollstuhl. Fragen zur Mitgliedschaft im Bürgerbusverein wie auch zum Bürgerbus selbst beantwortet Klaus-Dieter Kuckuk, Telefon 06063-577501, E-Mail: kd.kuckuk@gmx.de. (glb)
Große Resonanz verdeutlicht Wichtigkeit des Projekts
In der Folge kam es im Februar 2016 zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Bürgerbus, initiiert vom VdK Bad König, dem Verein zur Förderung von Kur und Tourismus sowie der örtlichen Wählergemeinschaft ZBK. Auch dort zeigte die Präsenz von etwa 180 Bad Königern, wie wichtig diese Sache für die Kurstädter war und ist. Als Vorbild diente ein ähnliches Projekt in Kreuztal/Nordrhein-Westfalen.
Die Gründungsversammlung des Bürgerbusvereins folgte zwei Monate später, nach Anlaufschwierigkeiten stand ein stimmiges Finanzierungskonzept. Weil ein Linienbus-System mit öffentlichen Haltestellen auch wegen rechtlicher Knackpunkte in Sachen Personenbeförderung nicht realisierbar war, entschied man sich für das Rufbusmodell mit Abholung vor der Haustür. Im Februar 2017 kam die Zusage der Landesstiftung „Miteinader in Hessen“, die dem Verein eine dreijährige Förderung von insgesamt 18 000 Euro zusagte. Örtliche Sponsoren, darunter Werbeträger auf dem Bus, steuerten weitere Geldmittel bei, die den Kauf eines Busses ermöglichten. Organisatorische Unterstützung fand der Verein bei der Odenwald-Regionalgesellschaft (Oreg) mbH, sie koordiniert dann im Zuge von „Odenwald mobil“ die Fahrtanfragen.
Der Bürgerbusverein agiert seit November 2016 mit neuem Vorstand mit Kuckuk an der Spitze, Nico Biehl als Stellvertreter, Klaus Deitrich als Kassenwart und Reinhard Baron als Rechner. Beisitzer sind Helga Marx, Jürgen Bayer, Jan Lüthje, Roland Recebs und Walter Vierhaus. Seit Anerkennung der Gemeinnützigkeit dürfen Spenden eingeholt werden.
Von einer Entscheidung, „die uns allen schwergefallen ist“, sprach Bad Königs Stadtverordnetenvorsteher Thomas Seifert (SPD), als er anlässlich des Bürgerbus-Startes auf das aus Finanzgründen erfolgte Streichen des Stadtbusses einging. Er lobte das große Engagement des Bürgerbusvereins und sagte, er hoffe auf gute Resonanz bei diesem neuen Angebot.
Zu Kritik aus den Reihen des Vereines, die Stadt habe sich in Sachen Bürgerbus-Projekt bislang wenig kooperativ verhalten, verwies Seifert auf Kommunikationsprobleme und persönliche Empfindlichkeiten; diese hätten einer besseren Kooperation zwischen Stadt und Bürgerbusverein entgegengestanden. Für die Zukunft hoffe er auf mehr Austausch.
Thomas Metz, Staatssekretär im hessischen Justizministerium und Bürger des Kreises Bergstraße, lobte die Sache als bewährtes Modell, mangelnde Mobilität auf dem Land abzupuffern. „Soziales Engagement ist heute sehr wichtig“, sprach Kreisbeigeordnete Anni Resch (CDU) dem Bürgerbusverein ihre Anerkennung aus. „Wir sind gerade auf dem Land alle auf Mobilität angewiesen“, bedankte sich Matthias Hofman, stellvertretender Vorsitzender der TSG Bad König, im Namen der Vereine in der Kurstadt.
„Als hartnäckig wie in seinem kommunalpolitischen Schaffen“, beschrieb Martin Schlingmann, der für die Bürgerliste ZBK im Stadtparlament sitzt, den Bürgerbus-Sprecher Klaus-Dieter Kuckuk. Ohne ihn hätte man es nicht geschafft, meint er. Der Bürgerbus ermögliche Menschen, gerade in den Stadtteilen, länger in ihrem Zuhause bleiben zu können. „Über mehr Unterstützung aus dem Rathaus hätten wird uns gefreut.“
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