Von Kerstin SchumacherDARMSTADT - Kopfschütteln und fragende Blicke: "Malik wer?" Das sind die überwiegenden Reaktionen von Studenten im Fachbereich Mathematik am Dienstagvormittag. Keiner der Befragten kennt den Doktoranden Malik F., der auf seiner Facebook-Seite ein knapp neunminütiges Video unter dem Titel: "Warum ich den Islamischen Staat unterstütze und verteidige" veröffentlichte. Auch davon haben die meisten seiner Kommilitonen noch nicht gehört, obwohl die Geschichte am Montagabend vor allem im sozialen Netzwerk Facebook Wellen geschlagen hat.
Und diejenigen, die es wahrgenommen haben, beschäftigt das Thema eher am Rande. "Ich weiß nicht so ganz, wie ich das jetzt einschätzen soll", sagt etwa Sabrina Krieg. Schockiert sei sie nicht, eher überrascht. "Bisher hatte ich den Eindruck, dass alle Studenten an meinem Fachbereich sehr weltoffen sind", so die 24-jährige Mathematikstudentin.
- Das Institut Memri
(schu). Das Middle East Media Research Institute (Memri) erforscht den Nahen Osten anhand von unter anderem Print- und Onlinemedien, Fernsehen, oder religiösen Predigten. Das Institut wurde 1998 gegründet. MEMRI ist nach eigenen Angaben eine unabhängige, unparteiische und gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in der amerikanischen Hauptstadt Washington, D.C.
- Reaktionen in Sozialen Netzwerken
(hbk). Ein Darmstädter Student wirbt für den IS - in den sozialen Netzwerken sorgte und sorgt diese Nachricht seit Montagabend für extreme Reaktionen. Rund zwölf Stunden nach der Veröffentlichung hatte der Artikel auf der Facebook-Seite von Echo-Online bereits mehr als 30 000 Nutzer erreicht, wurde mehr als hundert Mal geteilt und genauso häufig kommentiert.
Die Kommentare beschränkten sich in vielen Fällen nicht auf Entsetzen und Abneigung, sondern enthielten zum Teil verfassungsfeindliche, volksverhetzende Äußerungen und Gewaltandrohungen. Auch auf Twitter verbreitete sich die Nachricht schnell.
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Schockiert, dass "so etwas" an seinem Fachbereich passiert, ist auch Dominic Michaelis nicht. "Radikalisieren kann man sich überall", sagt der 22-Jährige, der an der TU im zweiten Semester Mathematik studiert. Angst vor einem Terrorakt hat er deswegen keine: "Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Autounfall zu sterben, ist höher." Dass niemand Malik F. kennt, findet er nicht ungewöhnlich. "Wenn ein Doktorand nicht zur Lehre verpflichtet, kommt er nicht unbedingt in Kontakt mit Studenten."
In der Tat, der Syrer Malik F. ist zwar seit 2007 an der Technischen Universität eingeschrieben und promoviert seitdem im Fachbereich Mathematik. Sein Forschungsgebiet ist die Didaktik. Allerdings hatte er keinen Lehrauftrag und ist kein Mitarbeiter der Universität, wie deren Sprecher Jörg Feuck betont: "Malik F. hat kein Arbeitsverhältnis mit der TU Darmstadt." Die Universität habe dem Promotionsstudenten lediglich einen Büroraum, einen Rechner und ein Telefon zur Verfügung gestellt. "Malik F. war gar nicht jeden Tag da", sagte Feuck. Der Dekan und die Doktormutter wollten sich am Dienstag nicht äußern, hätten laut Feuck aber bestürzt reagiert. "Es gab keinerlei Hinweise darauf, dass Malik F. eine extremistische Sichtweise hat", so Feuck. Die Betroffenen haben in der Nacht von Sonntag auf Montag davon erfahren. Feuck: "Das hat uns völlig überrumpelt."
Die TU prüft nun rechtliche Schritte gegen Malik F. Eine sofortige Exmatrikulation des Studenten ist nach dem Hessischen Hochschulgesetz jedoch nicht möglich. "Mit sofortiger Wirkung ist das Betreuungsverhältnis ausgesetzt", teilt die Universität allerdings mit. Der Promotionsausschuss des Fachbereichs will schnell entscheiden, ob das Promotionsverfahren beendet wird. "Wenn es dazu kommt, wird die TU Darmstadt die Exmatrikulation anstreben."
Entdeckt hat das Video der Mainzer FDP-Politiker Tobias Huch, als er am Sonntagnachmittag auf der Internetseite des in den USA ansässigen "Middle East Media Research Institutes" (Memri) unterwegs war. Der Clip datiert vom 7. Januar dieses Jahres. Laut einer Übersetzung des Instituts sagt der Student darin auf Arabisch, "warum ich den Islamischen Staat unterstütze und verteidige".
"Als ich das gesehen habe", erklärt der Islamismus-Experte, "habe ich recherchiert und das Video auch auf Facebook gefunden". Dort hatte Malik F. das Video auf seinem Profil öffentlich hochgeladen. Die Informationen leitete Huch nach eigenen Angaben an den Staatsschutz weiter. Von dort gelangten sie zum Landesamt für Verfassungsschutz. Dieses bewertet das Video nach Auskunft der Pressestelle als "jihadistisches Propagandamaterial". Darüber, ob und wie lange Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Malik F. schon im Auge hatten, macht das Amt "aus datenschutzrechtlichen Aspekten und operativen Erwägungen" keine Angaben.
Malik F. selbst war am Dienstag nicht zu erreichen. Ob er sein Büro jemals wieder nutzt, ist fraglich. Die TU Darmstadt hat bereits veranlasst, den Zugang zur Uni-eigenen Ressourcen zu unterbinden.
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