Von Daniel BaczykDARMSTADT - Die Technische Universität Darmstadt hat gute Chancen, in der dritten Auflage der Exzellenzinitiative als erfolgreichste Hochschule Hessens sowie der Rhein-Main-Region abzuschneiden. Dabei geht es um die Zuteilung von Forschungs-Fördergeldern in dreistelliger Millionenhöhe. Nach der ersten Vorauswahl der internationalen Jury ist die TU noch mit zwei Bewerbungen um fachübergreifende Forschungsverbünde - sogenannte Exzellenzcluster - im Wettbewerb.
Außer der TU Darmstadt wurden nur zwei weitere hessische Bewerbungen zu Einreichung ausführlicher Förderanträge aufgefordert: ein gemeinsames Projekt der Unis in Frankfurt und Gießen zur Herz-Lungen-Forschung sowie ein Vorhaben zur Verhaltensforschung in Gießen und Marburg. Die Führung der Frankfurter Goethe-Universität, die mit acht Antragsskizzen ins Rennen gegangen war, zeigte sich bitter enttäuscht vom Zwischenergebnis.
- MILLIARDEN FÜR EXZELLENTE FORSCHUNG
Mehr als eine halbe Milliarde Euro jährlich zur Förderung hochkarätiger Forschungsvorhaben und herausragender Hochschulen: Auch in der dritten Auflage der Exzellenzinitiative geht es um viel Geld für die Wissenschaft. Zwei Förderlinien wurden festgelegt:
- Für Exzellenzcluster, fachübergreifende Forschungsverbünde, stehen 385 Millionen Euro pro Jahr bereit. Bis zu 50 Cluster erhalten jeweils drei bis zehn Millionen Euro jährlich. 195 Cluster-Antragskizzen wurden von den Hochschulen eingereicht, davon erreichten 88 die Endausscheidung. Im September 2018 fällt die Entscheidung.
- 2019 werden acht bis elf Exzellenzuniversitäten gekürt, für die Bund und Länder insgesamt 148 Millionen Euro jährlich bereitstellen. Voraussetzung: Zuschlag für mindestens zwei Cluster.
Die Mainzer Gutenberg-Universität, mit der TU und der Frankfurter Uni in der strategischen Allianz der Rhein-Main-Universitäten verbunden, ist noch mit einer Cluster-Kandidatur im Wettbewerb.
Energiewandlung und Datenanalyse
Die beiden verbliebenen Darmstädter Projekte heißen, wie bereits kurz gemeldet, "Zentrum für Prädiktive Thermofluidik - Beschleunigung der Energiewende" und "Datenanalyse für die Humanities". Für sie müssen bis März 2018 Vollanträge ausgearbeitet werden. Drei weitere Bewerbungen blieben in der Vorauswahl erfolglos.
Mit dem komplexen Zusammenwirken von Strömungen, Wärme- und Stofftransport, Grenzflächenphänomenen und chemischen Reaktionen befasst sich das Forschungsgebiet der Thermofluidik. Solche Prozesse waren bereits Gegenstand des früheren Darmstädter Exzellenzclusters "Intelligente Oberflächen". Der Ansatz wurde für den aktuellen Wettbewerb mit der Herausforderung der Energiewende verknüpft.
"Energiewandlungsprozesse werden durch thermofluidische Prozesse bestimmt", erklärt Professor Andreas Dreizler, Sprecher des geplanten Clusters "Prädiktive Thermofluidik". Klar sei, dass die Energiewirtschaft künftig ohne fossile Energieträger wie Erdöl oder Erdgas auskommen müsse. Doch die Erneuerungszyklen seien bislang zu lang.
Ziel des fachübergeifenden Forschungsverbunds ist es, Berechnungsmodelle zu entwickeln, um die Vorgänge der Energiewandlung (laienhaft würde man von Energieerzeugung sprechen, etwa in Kraftwerken) möglichst weitgehend darstellen und Effizienzsteigerungen berechnen zu können. So soll die Zeitspanne bis zur Praxistauglichkeit neuer Techniken verkürzt werden.
"Visualisierung von Daten spielt dabei eine wichtige Rolle"
"Diese Modelle müssen physikalisch korrekt sein", erklärt Dreizler, "das ist die Herausforderung." Eine vollständige Abbildung der komplexen Realität sei jedoch nicht in Sicht.
Eher auf die Geistes- und Sozialwissenschaften abgestimmt ist die zweite Cluster-Bewerbung der TU in der Endauswahl: "Datenanalyse für die Humanities". Ziel ist die beschleunigte Erfassung und Analyse großer Textmengen. "Die menschlichen Fähigkeiten sind dabei begrenzt", sagt die Projektsprecherin, Professorin Iryna Gurevych. "Der Mensch kann nur eine begrenzte Menge an Texten lesen. Der Computer dagegen wird nicht müde." Durch neue Verfahren sollen Rechner in die Lage versetzt werden, Forschungsthemen zu erfassen und präziser als jede Internet-Suchmaschine Textstellen zur Beantwortung der wissenschaftlichen Fragestellung zu erkennen.
"Die Visualisierung von Daten spielt dabei eine wichtige Rolle", erklärt Gurevych. In dem Cluster sollen Informatiker, Linguisten sowie Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler zusammenarbeiten.
Zufrieden mit dem bisherigen Abschneiden im dritten Exzellenzwettbewerb zeigt sich TU-Präsident Hans Jürgen Prömel: "Die positive Entscheidung spornt uns in den kommenden Monaten bei der Ausarbeitung der Vollanträge an." Prömel bedauert allerdings, dass drei Antragskizzen in den Bereichen Physik, Computational Engineering und IT-Sicherheit auf der Strecke blieben; gerade für Letzteres bestehe in Darmstadt eine bundesweit einmalige Kompetenz.
Bitte loggen Sie sich ein, um einen Kommentar zu diesem Artikel zu verfassen. Debatten auf unseren Zeitungsportalen werden bewusst geführt. Kommentare, die Sie zur Veröffentlichung einstellen, werden daher unter ihrem Klarnamen (Vor- und Nachname) veröffentlicht. Bitte prüfen Sie daher, ob die von Ihnen bei ihrer Registrierung angegebenen Personalien zutreffend sind.
Die Zeichenzahl ist auf 1700 begrenzt. Die Redaktion behält sich vor, den Kommentar zu sichten und zu entscheiden, ob er freigeschaltet wird. Kommentare mit rechts- oder sittenwidrigen Inhalten, insbesondere Beleidigungen, nicht nachprüfbare Behauptungen, erkennbare Unwahrheiten und rassistische Andeutungen führen dazu, dass der Kommentar im Falle der Sichtung nicht freigeschaltet, ansonsten sofort gelöscht wird. Wir weisen darauf hin, dass alle Kommentare nach einigen Wochen automatisch wieder gelöscht werden.
Die Kommentare sind Meinungen der Verfasser.