von jdhGROSS-GERAU - Vegan. Drohung oder Versprechen? Dem Omnivoren, wie sich Allesesser nennen dürfen, sind die Vorgaben der nicht mehr so ganz neuen Esskultur kaum nachvollziehbar. Nie wieder Steak, Würstchen und Pizza oder Pasta mit Parmesan? Stattdessen langweiliger Tofu? Zum Nachtisch keine richtige Sahne? Kann reine Pflanzenkost, der sich nach einer Statistik gerade mal 1,5 Prozent aller Deutschen verschrieben haben, überhaupt schmecken? So gut, dass man im Restaurant sogar Geld dafür ausgibt?
Lassen wir Mediziner, die sich Sorgen um die ausgewogene Ernährung machen, ebenso beiseite wie im Wortsinne eingefleischte Gourmets oder Gourmands, und besuchen das auch nach der Renovierung immer noch kleine, beschauliche Wohnzimmer mit angeschlossener Miniküche: das "Vegano" im Groß-Gerauer Ortsteil Wallerstädten. Die Eingangstüre sollte man vorsichtig - nach innen - öffnen, um nicht mit jenen Gästen zu kollidieren, die gerade an der Durchreiche zur Küche ihre Speisen und Getränke bestellen.
- Visitenkarte
Vegano
Inhaberin: Carmen Gärtner
Telefon 06152-52217
Internet: www.vegano-cg.de (funktioniert nicht mit allen Browsern)
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag 18 bis 22 Uhr, Sonntag 17 bis 21 Uhr
Barrierefrei: ja, aber eng, Raucherbereich: nein
Kleines Platzangebot, gemütliche Atmosphäre. Frisch zubereitete, ausschließlich vegane Speisen. Sehr preiswert.
- Anschrift
Alte Straße 1
64521 Groß-Gerau-Wallerstädten
Apropos Getränke: Alkohol ist bei Veggies tabu. Deshalb bietet das "Vegano" Bionade aus der Flasche oder "Green Smothies" mit Spinat und Kiwi, Apfel, Minze (3,50 Euro).
Beim Bestellen wird man vorgewarnt - oder sollte man besser von Verheißung sprechen -, dass es ein bisschen dauern kann. Alles wird frisch zubereitet. Und so schmecken die Gerichte auch. Vor dem Genuss gilt es aber, ein weiteres Vorurteil zu meistern: das von den Veganern als lebensfernen Träumern oder kränklichen Hungerhaken. An der Vermutung, man könne bloß von Brot und Grünzeug nicht satt werden, ist die Speisekarte mit den auffallend günstigen Preisen der Gerichte schuld. Am teuersten ist das Menü, bestehend aus einem Burger nach Wahl, sicht- und spürbar selbstgeschnitzten Pommes, hausgemachter veganer Mayo, ohne Ei und meist auf Soja-Basis, und einem Softdrink: 8,90 Euro. Ein Burger kostet 5,50 oder sechs Euro, "Classics" wie Döner oder Wraps gibt es für 4,90 und Pita-Pockets für 5,50 bis 6,50 Euro. So macht es keine Mühe, mit zwei Personen unter 20 Euro zu bleiben - Getränke inklusive.
Dafür erhält man beispielsweise einen Vegano-Burger (sechs Euro), mit dessen zwei Hälften eines knusprigen, frisch aufgebackenen Riesenvollkornbrötchens eine ausgesprochen schmackhafte Vielzahl an Gemüsen sich gerade noch mit kräftigen Händen zusammenhalten lässt. Das Abbeißen ohne nachfolgende Kiefernsperre setzt schon ein bisschen Training voraus. Zwischen den tellergroßen Brotscheiben erkennt man das obligatorische Salatblatt, eine Tomatenscheibe, Zwiebeln, geraspelte Karotten und Kohlrabi, Tofu-Saitan-Pattie, Keese und hausgemachte Burgersauce. Für Nicht-Veganer: Patties sind die vegane Variante von Fleischklößchen, und Keese imitiert mit seinem Namen, seiner Konsistenz und seiner Verwendung den aus tierischen Zutaten hergestellten Käse.
Die eigentliche Überraschung war der wie alle Mahlzeiten üppige Teller mit Chili - "sin carne", also ohne Fleisch (3,90 Euro). Das sah nicht nur aus wie die wohlbekannte Mischung aus Bohnen, Hackfleich, Tomaten und pfeffrigen Gewürzen, sondern schmeckte auch so. Auf Wunsch gibt es eine Portion Schärfe extra. Mit großer Souveränität wird die Köchin den Geschmacksvorstellungen, die wir mit Chili verbinden, gerecht. Dafür ist ein dickes Lob fällig.
Nur aus Dippegucker-Pflicht und keinesfalls wegen mangelnder Qualität oder gar Quantität der Speisen ließen wir uns zu dem Nachtisch des Tages verleiten: hausgemachte rote Grütze mit veganer Sahne (3,90 Euro). Selbstverständlich brachte der immer freundliche Ober zwei lange partnerschaftlicher Löffel für den Glaspokal mit der süßen Köstlichkeit.
Ein dringender Rat zum Schluss: Zu zweit hat man vielleicht die Chance, auch unangemeldet Plätze auf den gepolsterten bequemen Stühlen zu bekommen. Wer mit Freunden einkehren möchte, sollte unbedingt einen der größeren ovalen oder runden Tische reservieren lassen. Sicher ist sicher.
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