Von jobDARMSTADT - Das sehr deutsche Denkmal des „Riwwelmaddes“ ist der Namenspatron eines an England erinnernden Pubs, in dem die indische Küche eine Hauptrolle spielt
Das „Riwwelmaddes“ liegt direkt an der Darmstädter Johanneskirche. „Riwwelmaddes“ nennen die Darmstädter das Kriegerdenkmal im Herrngarten und außerdem die nach ihm benannte Mundart-Kolumne dieser Zeitung. Der steinerne Germane mit gehörntem Helm war 1852 ein Geschenk des Prinz-Emil-Veteranenvereins, der an die Tapferkeit der Großherzoglich Hessischen Truppen erinnern wollte. Über die Entstehung des Namens gibt es verschiedene Theorien.
Der Mensch ist sonderbar. Mit dem Verzehren von Tieren hat er keine größeren Schwierigkeiten – erst dann, wenn er sie beim Namen nennt, kommen ihm Skrupel. Das ist der Unterschied zwischen Tier und Fladenbrot: Das heißt in diesem Lokal Iris, Alfred oder Sascha, und trotzdem beißt man gerne hinein. Das ist auch kein Wunder, denn die belegten und im Ofen überbackenen Teigkreise, die man respektlos auch Mini-Pizza nennen könnte, sind eine wunderbare Antwort auf den kleinen Hunger, der sich beim Trinken einstellt. Die Würze des Belags weckt wiederum die Lust auf weitere Getränke, und so kommt eins zum anderen. Die vielfältige Auswahl beginnt bei Marielle (mit Knoblauch oder Kräuterbutter, 1,20 Euro) und hört bei Nessi auf (Peperoniwurst, Zwiebeln, Tomaten, Käse zu 3,30 Euro). Der persönliche Favorit heißt Jürgen und bringt neben grünen Peperoni Käse und Sardellen mit.Wir befinden uns im „Riwwelmaddes“, direkt an der Darmstädter Johanneskirche gelegen, und der Name des Lokals verlangt nach weiterer Namenskunde. „Riwwelmaddes“, wobei die Schreibweise nicht unumstritten ist, nennen die Darmstädter das Kriegerdenkmal im Herrngarten und außerdem die nach ihm benannte Mundart-Kolumne dieser Zeitung. Der steinerne Germane mit gehörntem Helm war 1852 ein Geschenk des Prinz-Emil-Veteranenvereins, der an die Tapferkeit der Großherzoglich Hessischen Truppen erinnern wollte. Über die Entstehung des Namens gibt es verschiedene Theorien, möglicherweise geht er auf einen Veteranen namens Matthias Riebel zurück, aber dafür wollen wir uns nicht verbürgen.
Wohl aber dafür, dass das Lokal unter diesem Namen in Darmstadt eine Sonderstellung einnimmt. Der „Riwwelmaddes“ ist zunächst einmal eine Kneipe für die nahe und weitere Nachbarschaft, die mal auf ein Bier vorbeischaut oder einen kleinen Imbiss. Der gelegentliche Besucher spürt, dass es ein wenig dauern dürfte, bis er mit derselben Herzlichkeit aufgenommen wird wie diese Stammgäste. Das Lokal nennt sich „Pub“ und sieht im Inneren auch aus wie die englischen oder irischen Traditionseinrichtungen dieser Art. Dazu passt das breite Bierangebot – es gibt nicht nur das dunkel-würzige Guinness vom Fass (0,4 Liter für sehr faire 3,30 Euro), sondern zum selben Preis auch die etwas mildere irische Sorte Kilkenny. Und auch bei den heimischen Bieren gibt es mehr Auswahl als üblich – Darmstädter fließt nicht nur als Pils, sondern auch als Export aus dem Hahn, was früher einmal selbstverständlich war (0,3 Liter für 2,20 Euro), und wem diese Auswahl noch nicht reichen sollte, der kann auch auf Bitburger wechseln. Der Wein spielt auf der Karte keine große Rolle, wohl aber der Whisky, von dem bemerkenswert viele Sorten Single Malt angeboten werden. Kenner werden das zu schätzen wissen.
Die starke Seite dieses Pubs aber ist eine Küche, die weit über das Fladenbrot hinausgeht. Zum einen beweist sie ihre Nähe zu England mit speziellen Tagen, an denen der Insel-Klassiker Fish and Chips zubereitet wird in einer Qualität, die man auf dem Festland lange suchen muss. Außerdem gibt es Gerichte wie Eier und Bohnen auf Toast (4,50 Euro), die Erinnerungen an den Schüleraustausch wecken. Zum anderen lässt sich hier eine authentische indische Küche erleben, für die Wirtin Surekha Misra mit ihrer indischen Herkunft garantiert. So findet man auf der Karte beispielsweise den in zwei Geschmacksrichtungen gewürzten Joghurt („Raita“, 2,20 Euro), der den Gaumen erfrischt. Das ist nicht schlecht nach der angenehmen Schärfe, die der „Dal“ mitbringt – eine nicht zu fein pürierte indische Linsensuppe mit kräftiger Kreuzkümmelnote (vier Euro).
Man hätte den Teller sicher optisch ein wenig aufhübschen können, mit ein paar Korianderblättchen vielleicht, aber von modischem Firlefanz ist der klare Stil dieser Küche entfernt. Das gilt auch für das Curry, dessen spinatgrüne Soße sehr zarte Hühnerbruststreifen umhüllt und so reichlich auf dem Teller liegt, dass sie lässig ausreicht für die zwei großen Reishalbkugeln. Unter den vielen Richtungen, die diese Gewürzmischung einschlagen kann, gefiel uns die mild-süßliche Version ausgezeichnet.
Wer größere Fleischportionen schätzt, kann sich ganze Stücke selbst auf dem heißen Stein zubereiten (ein halbes Pfund Rumpsteak kostet 15 Euro). Wir wählten stattdessen das werktäglich wechselnde Stammessen – zwei mächtige Scheiben Hackbraten unter einer dicken, sehr kräftig gewürzten Tomatensoße (8,50 Euro). Schmeckt gut und macht sehr satt, zumal in Verbindung mit den eher gebräunten als wirklich knusprig geratenen Kartoffelscheiben. Ein großer, bunter, sehr frischer Beilagensalat (2,70 Euro) rundet das Gericht ab.
An wenigen Orten wirkt Darmstadt so weltoffen wie in dieser Gaststube mit dem germanischen Krieger im Namen. Der hätte sich, nach einem Menü im „Riwwelmaddes“, wahrscheinlich lieber aufs Ohr gelegt, statt in die nächste Schlacht zu ziehen. Das ist ja nicht die schlechteste Folge einer großen Portion.